Ich befand mich länger im Clinch mit mir selbst, welches Themas ich mich annehmen soll: Eher den 100-Millionen-Vierjahresvertrag für den Indy-Colts-Footballer Bernhard Raimann oder doch lieber die heutige Österreich-Bilanz bei der Schwimm-WM in Singapur? Nicht nur deshalb, weil ich anno 1964 durch (Gesundheit-) Schwimmen zum Sportjournalismus gekommen bin, hab ich mich gegen eine doch fsstbvirtuelle Geschichte und für die realen Schwimm-Resultate in Singapur entschieden.
Am Südzipfel des asiatischen Festlandes, einst britisches Territorium, gab es einerseits eine leise Enttäuschung, weil US-Student und Mister Butterfly Martin Espernberger, Olympiasechster 2024, seinen eigenen 200m-Rekord klar und das WM-Finale als Neunter knapp verpasste. Zum anderen aber qualifizierte sich Triple-U23-Europameister Luka Mladenovic aus Salzburg auf imponierende Art und Weise für das morgige Finale über 50m Brust – quasi im dritten Sprint des Tages auf dem Umweg über den Sieg im Swim-off, also einem Stechen mit einem Franzosen.
Mladenovic, Sohn von Zuwanderern, weder verwandt noch verschwägert mit dem kroatischen Austria-Salzburg-Spieler i. R., bestätigte wieder einmal die Bedeutung von Migranten und deren Kindern für den österreichischen (Spitzen) Sport. Wie einst Vizeweltmeister und Eurparekordler Maxim Podoprigora oder die mehrfach veredelten Jukic-Geschwister, so scheint nicht nur in den Genen dieser Schwimmer: Innen aus Kriegs- oder Krisenregionen eine größere Portion an Ehrgeiz zu stecken, sondern auch bei deren Trainern eine größere Portion an Fachwissen.
Ist ja wohl kein Zufall, dass ein Großteil der heimischen Schwimmerfolge seit dem Aufstieg vom Zwerg zu einer respektierten Größe auch mit Trainern verbunden war und ist wie Sergej Wajcechowski, Boris Zenow, Andrzej Szarzynski, Zjelko Jukic bis zum ungarischen Südstadt-Chef Balazs Fehervari, unter dem Auböck einst wieder aufblühte und der jetzt Junioren-Golden-Boy Giefing trainiert, oder dem Bulgaren Plamen Ryaskow, der aus dem Juniorenweltmeister Mladenovic einen olympischen Hoffnungsträger für 2028 in Los Angeles geformt hat – in Abstimmung mit Clemens Weis, Präsident des Salzburger Verbandes.
Und auch der mit Abstand beste heimische Kraulsprinter, Heiko Gigler, ohne dessen Klasse es keine konkurrenzfähige Lagenstaffel (Europameister 2024 in Abwesenheit der Top-Nationen, aber EM-Dritte 2022 gegen alle) gäbe, vertraut nach dem pensionierten Top-Ausbildner Ferdinand Kendi und dem in Minnesota ausgebildeten Prager Jakub Maly mittlerweile einem Franzosen-Coach. Und nicht nur Esperberger wandelt in den USA auf Rogans und Auböcks Spuren, auch Mladenovic wechselt in Kürze auf jene Uni Michigan, für die Felix A. zum NCAA-Champ und zu Medaillen gekrault war. Luka wählte die USA nicht fehlender Trainer wegen, sondern mangelhafter Trainingsbedingungen halber mit einem Schwimmbad, in dem es – weltweites Unikat!!! – nur zwei 50m-Bahnen neben 25m-Lanes gibt, auf denen sich die Schwimmer: Innen ständig in die Quere kommen.
Neben wenigen heimischen Trainerhoffnungen sind es in der Tat jene ausländischen Fachleute, ohne die österreichische Schwimmerfolge kaum möglich (gewesen) wären, auch wenn sich die Genannten eher zurückhalten, dafür aber just jene, die selbst als Trainer so gut wie nichts an Atenberaubendem vorweisen können, sich immer und überall als Oberfeldwebel am lautesten zu Wort melden.
Rotweißrote Allzeitgrößen des Sports, deren Namen ich lieber nicht nennen will, um ihnen etwaige Zorres zu ersparen, die aber ihre Pappenheimer bestens kennen, halten diese Form der Tatsachenverdrehung durch Blender mit unstillbarem Geltungsdrang und unverzichtbarer Persönlichkeitskrücke für ein österreichisches Spezifikum, das dem Sport a la longue nur Schaden zufügt. Sportlich wie finanziell.

