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Keine Weihnachts-Amnestie im „Gregorianischen Kalender“

Diese Weihnachten hat sich der Nicht-mehr-Überflieger Gregor Schlierenzauer, Rekord-Sieger im Weltcup (53), sicher ganz anders vorgestellt. Statt bei der Tournee über alle vier Schanzen gehen zu können, flog er nach einer schwachen Frühwintersaison aus der rotweißroten Mannschaft. Bis hierher und nicht weiter, wenn er nicht bringt, was man verlangt, das sagte sich der neue Cheftrainer Andi Widhölzl, ohne Rücksicht auf etwaige Verluste für den Star von gestern, der seit zwei Jahren nicht und nicht ins Fliegen kommt. Also gab´s auch keine Weihnachts-Amnestie für den Tiroler, der aber immerhin die Chance bekommt, sich via Kontinental-Cup in Engelberg für die Bergisel- und Bischofshofen-Konkurrenzen qualifizieren zu können.

Zurück bleibt die Frage, ob ein einstiges Wunderkind der Schanzen, das einmal allen auf und davon gesprungen war, als 30jähriger Nachzügler, von einer Verletzung und Krise nach der nächsten geprügelt, das Rad der Zeit zurückdrehen kann. Der Helm allein, auf dem das Sponsor-Logo prangt, wird ihn kaum beflügeln – und auch Werner Schuster, der die DSV-Springer über Jahre hinweg flügge gemacht hatte, konnte als spezieller Ratgeber keine Wunder wirken. Die neuen Spielregeln, sprich: Reformen beim Material, waren bisher jedenfalls so etwas wie Gift für den erfolgreichsten Weltcupspringer aller Zeiten, dem jetzt andere vorhupfen, wie es geht – auch Nobodys aus dem eigenen Lager wie etwa ein Thomas Lackner, für die Normalverbraucher trotz eines vierten Platzes vor kurzem in Russland ein unbeschriebenes Blattl.

Aber gerade darum, weil dem so ist, erleben wir heuer wie selten zuvor in fast allen ÖSV-Sparten eine rückläufige Tendenz, über die die eine oder andere bessere Platzierung nicht hinwegtäuschen kann. Es scheint, als wäre da und dort der nötige Generationswechsel verpasst und die eine oder andere Nachwuchshoffnung (männlich wie weiblich) außer sporadischen Einsätzen nicht wirklich an größere Aufgaben herangeführt worden. Mit FIS-, Weltcup- oder sonstigen Ranglistenpunkten allein lässt sich das zwar rechnerisch begründen, führt aber in der Regel selten bis gar nicht dazu, dass sich junge SportlerInnen durch ein „Paternoster“-Dasein (rauf in den Weltcup, runter in den Europacup, raus aus einem ÖSV-Kader in einen unteren) tatsächlich kontinuierlich entwickeln, verbessern und letztlich durchsetzen können.

Bei allem Respekt vor einem Exweltmeister und mehrfachen Speed-Sieger wie Hannes Reichelt – es ist schon schlimm genug, dass ein rekonvaleszenter 40-jähriger sozusagen auf der „Spar“-Schiene weiter (s)einem Comeback hinterherfährt. Und wer weiß, wie es in ein, zwei Jahren in der Snowboarder-Szene ausschaut, wenn an den langjährigen Seriensiegern, Medaillen- und Titelsammlern wie Benjamin Karl und Andreas Promegger der Zahn der Zeit so nagt wie an Reichelt und Schlierenzauer. Auch wenn´s schwer fällt, gerade zur Weihnachtszeit ein Auge zuzudrücken, ein Ende mit Schrecken ist immer noch besser als ein Schrecken ohne Ende, der womöglich noch schmerzhaft endet. So hart es klingen mag – zu den sportlichen Festtagswünschen gehört´s auch, dass sowohl SportlerInnen als auch Trainer und Funktionäre die Zeichen der Zeit erkennen und fünf vor Zwölf in aller Ehrlichkeit der Stunde der Wahrheit ins Auge schauen. Das gilt auch für den „Gregorianischen Kalender“. Ansonsten schlägt´s ganz sicher irgendwann 13! 

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