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Papierform und Wunschträume

Was kann man zur Jahreswende nur sagen? Verwünsche, höhere Gewalt, bitte vielmals, dieses verruchte, verseuchte, vermaledeite 2020-Jahr, um anzustoßen auf ein Neues, das hoffentlich wirklich vollgepackt ist mit Großereignissen aller Sportarten, von Ski-Weltmeisterschaften, Biathlon-WM, LA-Hallen-EM und WM über Turn-EM, Schwimm-EM, Tennis-Grand-Slam-Turniere und andere Titelkämpfe, die dann im Sommer in Fußball-EM und schließlich in den Olympischen Sommerspielen in Tokio gipfeln. Fast alles, was anno 2020 der Pandemie zum Opfer gefallen ist, soll also 2021 nachgeholt werden, wenn uns allen wieder Mut und Immunität gegen Covid19 eingeimpft worden ist. Und ging´s nach Fitness-Status und Papierform, die (Welt- wie Europa) Ranglisten vermitteln, dann sollte, könnte, nein: müsste Rotweißrot eigentlich die seit mehr als einem Jahrzehnt andauernde Medaillen-Ebbe bei Olympia beenden.

Schau zur Leichtathletik, wo erstmals seit sage und schreibe fast 50 Jahren, seit Hochspringerin Ilona Gusenbauer (1971), mit Siebenkämpferin Ivona Dadic, unserer Sportlerin des Jahres 2020, eine Österreicherin die Nummer 1 der Welt ist! Wo es mit der rekonvaleszenten „Wundertüte“ Verena Preiner eine Mehrkämpferin gibt, die in Doha 2019 schon WM-Bronze gewonnen hat – wie ebendort auch Diskushüne Lukas Weißhaidinger, der heuer wieder Weltranglistendritter und die Konstanz in Person gewesen ist.

Schlag nach beim Weltklassekrauler Felix Auböck, der –um der Wahrheit die Ehre zu geben – in diesem Meeting-armen Jahr einige Wochen die Nummer 1 der Welt über 400m war, ehe ihn zwei Top-Italiener um Wimpernschläge auf Platz drei verdrängten. Schau nach beim Judo, wo die junge Michaela Polleres unter den Top 5 der Welt aufscheint, schau nach beim Segeln, wo der Bronze-Mohikaner von Rio, Thomas Zajac, mit neuer Vorschoterin namens Matz, zu den Weltbesten zählt – wie die 49er- Bildstein und Hussl, mehrfache Medaillengewinner in den vergangenen Jahren. Wie Dominic Thiem,, Österreichs erster Grand-Slam-Turniersieger seit Thomas Muster vor 25 Jahren, der 2021 einen zweiten Major-Titel und Olympia im visier hat.

Es hat sich also doch einiges im Laufe mehr als einer (Sommer-)Olympiade getan, wenn auch in einem immer noch überschaubaren Rahmen und engen Kreis. Fortschritt hin, Lichtblicke oder Sternstunden her – nichtsdestotrotz sei vor übertriebener Euphorie und übersteigertem Erwartungsdruck gewarnt, weil es frei nach dem Humoristen und Satiriker Wilhelm Busch erstens anders kommt, zweitens als man denkt. Großereignisse haben, so banal das klingt, ihre eigenen Gesetze, die Hochrechnungen oft ad absurdum führen. Das Schöne aber, das sowohl Optimismus weckt als auch Hoffnungen nährt, ist die unbestreitbare Tatsache, dass die eine oder der andere, im Einzel oder auch als Mannschaft (wie die Fußball-Nationalelf), dank ihres großen Potenzials einen hohen (Weltklasse-)Standard erreicht haben.

Beides bildet die Plattform oder das Sprungbrett, um nach Sternen zu greifen, ob Titel oder Medaillen. Was dazu fehlt oder besser: wessen es bedarf, es zu schaffen, das ist schlussendlich die große Kunst, am Tag X zur Stunde X die beste aller Leistungen abzurufen, um Papierform oder Ranking gerecht zu werden. Wer das beherrscht, dem kann die große Stunde schlagen. In welchem Sport an oder mit welchem Gerät immer. Nach dem vermaledeiten, verdammten Covid-19-Seuchenjahr käme das für Österreichs Sport einem erfüllten Wunschtraum gleich …

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