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Ein Leistner, der nicht über einen Leisten zu schlagen ist

Ein einziger unter den Top 10, einer noch unter den Top 20, drei unter den Top 30 – von einem rotweißroten Quantensprung ins neue Sportjahr konnte in Garmisch-Partenkirchen nun wirklich keine Rede sein. Die aktuelle Vierschanzen-Tournee wie viele der Frühwinter-Skirennen hielten dem Skiverband den Spiegel einer neuen Realität vor, in der große Erfolgskapitel der Vergangenheit angehören oder weitgehend noch nicht komponierte Zukunftsmusik sind. Es geht mit wenigen Ausnahmen um neue Generationen an Sportler(inne)n wie Funktionär(inne)en, die erst einmal dort anknüpfen müssen, was die alte Garde oder die älteren Semester über Jahrzehnte hinweg geleistet, geschafft und als Erbe hinterlassen haben.

Bei dieser Gelegenheit fällt einem nicht nur der Name des Skipräsidenten ein, jenes Peter Schröcksnadel, der aus einem besseren Vereinsmeierei-Betrieb in drei Jahrzehnten ein professionelles Verbands-Unternehmen mit Dutzenden an Titeln und Siegen geformt hat. Das aber ist ihm nicht zuletzt dank seiner rechten, besser gesagt: rechtsfreundlichen Hand gelungen, die Kaus Leistner heißt, seines Zeichens Doktor der Jurisprudenz und seit 50 Jahren, jawohl einem halben Jahrhundert, ein eiserner Bestandteil des ÖSV. Abgesehen von der Event-Chef-Rolle, die er noch im Jänner spielt, aber mit der Beifügung: War. Leider.

Leistner, Oberösterreicher aus Linz, der in Wien studiert hatte, war 1971 gekommen, um den neuen (von Kammer-Boss Ing. Rudolf Sallinger initiierten) Austria-Ski-Pool zu schupfen, hat sich unter einigen Präsidenten seine Sporen verdient wie Dr. Karlheinz Klee, Kurt Schlick, Arnold Koller und schließlich 30 Jahre unter Peter Schröcksnadel. Ihm diente er als Ratgeber, Beistand, Rechtsfreund, Schutzschild und Schrittmacher keineswegs subaltern, sondern stellte sich mit Wissen und Weisheit, Sorgfalt und Rücksicht, sportlichem Fachverstand und administrativer Praxis in den Dienst des ÖSV – und wo, wann und wenn möglich, dann machte er mit Schröcksi auch oft gemeinsam Nägel mit Köpfen. Durchgehend mit Nachhaltigkeit in Form von Skistadien, neuen Bahnhöfen, verbesserter Infrastruktur, da können Kritikaster noch so wettern und im übertragenen Sinn pinkeln.

Unglaublich, wie sich der Skisport in der 50-jährigen Leistner-Ära entwickelt hat. Noch unglaublicher die lange Liste an Top-Ereignissen und Großveranstaltungen, für die er in verschiedenen Positionen, ob Pool-Chef, ob Generalsekretär, ob Direktor, ob ÖSV-Event-Boss, direkt oder indirekt mitverantwortlich war wie etwa Winter-Olympia 76 in Innsbruck/Seefeld, die Alpinen Ski-Weltmeisterschaften 1982/1991/2001/2013/2025, die Nordischen WM´s 1985/1999/2019, Snowboard-WM´s, Skiflug-Weltmeisterschaften am Kulm, Biathlon-WM´s im neuen hypermodernen Stützunkt Hochfilzen, der dem bayrischen Ruhpolding den Rang abgelaufen hat, ganz zu schweigen von den Dutzenden an Weltcup-Rennen, die der clevere Klaus als gewiefter Jurist und werblicher Schlaumeier mit ganz wenigen Ausnahmen so gut wie möglich zugunsten des Skiverbandes vermarktete.

Und das ist auch mit einer der Gründe, warum Leistner in diesem speziellen Marketing-Komitee auch über seinen ÖSV-Abschied hinaus weiter Sitz und Stimme hat im Weltverband. So weit, so gut, was die FIS betrifft – aber nicht zu vergessen und eigentlich auch unglaublich, dass es Klaus Leistner als einziger Österreicher geschafft hat, als IBU-Vizepräsident im Führungsgremium eines Weltverbandes (Biathlon) mit federführend zu sein – notabene mit dem IBU-Sitz bei uns in Österreich und ausnahmsweise nicht wie sonst üblich in der Schweiz. Auch das muss einmal gesagt sein!
Wer Leistner sagt, der denkt aber auch an Ruhe und Besonnenheit in Person. An einen Funktionär, der tatsächlich funktioniert, weil er nüchtern reagiert. Ein Mann, der selbst dann, wenn´s hoch oder heiß hergegangen war wie in Post-Olympia-Zeiten von 2002 und von 2006, kühl kalkulierenden Kopf bewahrt hatte. Inzwischen ist das alles jedoch samt der harten Folgen für die verantwortlichen Nestbeschmutzer schon Schnee von gestern. Wie auch manch großer sportlicher Triumph, darunter der größte im Weltcup, den es je gegeben hatte, noch dazu vor der ÖSV-Haustür: Neunfachsieg-Sieg im Super G am damaligen Schröcksi-Hausberg Patscherkofel (21. Dezember 1998).

Ein Blick zurück ins Vorgestern, der auch daran erinnern soll, dass es die Leistner-Epigonen nicht so leicht haben werden, in die Spuren des Vorgängers zu gleiten. Auch Leistner hat lernen müssen, mit Pannen, Pech und Pleiten, Dopingskandale und andere Randale inbegriffen, richtig umzugehen, um daraus zu lernen. Das ist auch seinem Nachfolger als Generalsekretär, Christian Scherer, seines Zeichens Magister, und seinem (neuen) ÖSV-Team zu wünschen. Auf Regen, so heißt es ja, folgt Sonnenschein. Und wenn und wo einmal die Talsohle erreicht ist, es auch wieder bergauf geht. Im Sport ebenso wie im Leben. Einer der Ratschläge, die eine graue Eminenz a la Leistner nach einen halben Jahrhundert an Höhen  und Tiefen ganz sicher geben kann.

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