Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Hatten voriges Jahr die unter Vorbehalt engagierten Topstars Ruud (damals Titelverteidiger) und Berrettini für die Generali-Tennis-Open in Kitzbühel abgesagt, so hat sich das Spielchen heuer und heute wiederholt. Diesmal ists nicht Übermüdung wie bei den Gstaad-Finalsten 2022, diesmal fällt der Titelverteidiger Roberto Bautista Agut aus Spanien deshalb aus, weil er sich verletzt hat – nicht beim Tennis, sondern bei einem Reitunfall! Ja, das ist natürlich ein mehr als kleiner Pferdefuss für die/den Veranstalter, obschon Bautista Agut, ehrlich gesagt, eher ein stummer Tennisdiener ist denn ein Publikumsmagnet, der die Massen elektrisiert, emotionalisiert oder gar entzweit. Jetzt bin ich nur gespannt, ob und wenn wen der Kitz-Turnierdirektor auf die Schnelle als Ersatz aus dem Ärmel zaubert unter den Sandmännern, die noch in Europa sowohl Punkte als auch Preisgeld oder sonstige Startprämien jagen. Vielleicht wäre der mittlerweile 37jährige Evergreen Richard Gasquet, im Vorjahr von Österreichern entzaubert, noch zu haben, einen guten Namen bringt er ja mit…?
Einerlei, die Werbung wird ja immer noch mit Dominic Thiem gemacht, unserem Helden und Topstar von vorgestern, da muss man sich nur die Trailer von Servus-TV anschauen, der ja seit einiger Zeit der Platzhirsch ist im Stadion unterm Lamberg´schen Schloss Kaps. Auch wenn unser Thieminho auch gestern im kroatischen Umag wieder vorzeitig die Segel streichen und die Koffer packen musste nach dem Achtelfinal-Aus gegen den Tschechen Lehecka, Nr. 1 des Turniers am Meer, aber nur Nr. 33 der Welt.
Nichts Schlechtes, was nichts Gutes an sich haben könnte, denn jetzt kann Dominic nach Kitzbühel und die doch dünnere Höhenluft wechseln, wo die Bälle auch weit mehr fliegen als am kroatischen Adria-Strand. Sozusagen im Gleichschritt mit seinen Daviscup-Kollegen Ofner und Misolic, aber auch den Doppelspielern Weissborn und Oswald, die sich ebenfalls schon vertschüsst haben – im Gegensatz zu den Kitz-Doppelsiegern 2022, dem Österreicher-Duo Erler-Miedler, welches in Hamburg gegen die Kroaten Dodic-Pavic das Semifinale erreicht hat.
Aber wieder ehrlich gesagt oder gefragt: Wer außer Insidern oder patriotische Fans, die immer und überall ihre rotweißroten Fahnen schwingen, kennt sich in der Doppelszene von heute aus, in der es keine Knallpaare gibt wie Pietrangeli-Sirola, Hewitt-McMillan, Newcombe-Roche, McEnroe-Fleming, McNamara-McNamee, Kodes-Kukal, Slozil mit Taroczy (Kitz-Sieger 1974!) aus Ungarn oder Günthardt aus der Schweiz, Panatta mit Bertolucci, Bungert mit Kuhnke, also damals, als die Single-Stars auch dem Doppel viel Glanz verliehen…
Ja, Bautista Agut kommt also doch nicht, aber außer ein paar Experten wird´s kaum jemand merken, denn jetzt, da Kitzbühel auf uns zukommt, gibt´s wie im Vorjahr geballte heimische Ladung, sozusagen Austrian Dynamite, das die Kitz-Urlauber aus aller Welt und die rotweißroten Zuschauer in einen weißen Sommerrausch versetzt. Unter ihnen wohl auch jener Tscheche Pavel Slozil (32 Doppeltitel, 1 Mixed-Grand-Slam), der 1982 einen seiner zwei Single-Titel in Kitzbühel gewonnen und später auch eine Steffi Graf jahrelang trainiert hat. Slozil scharrt schon im nahen Zell am See in den Startlöchern, um mit Tochter (und Ex-Frau?) zum Generali-Open zu kommen. Und als ehemaliger Sieger darf er auf ein Gratis-Ticket bei diesem Turnier hoffen – im Gegensatz zu seiner Ex-Frau, der ein solches im Vorjahr vom Veranstalter verweigert wurde nach dem Motto: Was geht uns jemand an, der vorvorgestern ein Teil eines Titels war…?