Allgemein

Lokalaugenschein Paris: Wie aus Bella Italia ein Tennisparadies wurde

Gut und schön, Italien hat sechs Mal so viele Einwohner wie Österreich, hat also ein ganz anderes Reservoir als wir auch im Sport. Nichtsdestotrotz ist´s mehr als verblüffend, aber auch interessant, wie sich Italiens Tennis in Spitze wie Breite zur Weltmacht Nummer 1 gemausert hat. Zwar hat Jannik Sinner mit lädierter Hand nach 2:1-Satzführung den Thriller gegen Laufwunder Alcaraz um den Einzug ins Endspiel verloren, aber das kann Bella Italia abgesehen davon, dass Sinner aus Sexten in Südtirol jenseits unserer Grenze kommt, ganz locker verkraften, weil Sinner ja ab Montag die neue Nummer 1 der Welt ist. Und weil es mit der um einen Kopf kleineren Jasmine Paolini eine Sensationsfinalistin im  Damen-Einzel stellt, mit der wohl vor den French Open nicht einmal die kühnsten Optimisten gerechnet hätten. Da doppelt besser hält, hat sich Paolini mit ihrer inzwischen bald 40jährigen Paris-Finalvorgängerin Errani auch im Damendoppel fürs Endspiel qualifiziert.

 Alles, nur kein Zufall, der sich auf Ausnahmen beschränken oder reduzieren ließe. Man muss sich die Zahlen auf der Zunge zergehen lassen, mit denen Italiens Tennis aufwarten kann und aufhorchen lässt. Die Triumphe, erster Daviscupsieg seit 1976 inklusive, kommen ja nicht von nirgendwo. Bei den Männern finden sich nicht weniger als neun Italiener unter den Top 100, bei den Damen sind´s immerhin fünf, wobei mit der glamourösen, aber umstrittenen Camila Giorgi eine frühere Top-20-Spielerin und Linz-Siegerin seit Monaten aus welchen Gründen auch immer auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist.

——————————————————————————————————————————————————————————————-

„There hasn’t been one ‚click‘ moment, it’s a combination of things working together,“ added the 46-year-old Garbin, who reached the French-Open-4th round in 2007. „This has been years of work from the federation, we have great coaches across the country because we’ve worked a lot on the instructions for the coaches to give. We are trying to have the best men and women to work with our players to transfer their knowledge and experience to the youngsters. „Also, we don’t just work in the city centres, we try to work in all parts of Italy, that wasn’t always considered. Now we try to help small children from everywhere. Until you search, you don’t know if you have a talent there.“

—————————————————————————————————————————-

Dahinter steckt ein von ehemaligen Profis wie etwa der früheren Fed-Cup-Spielerin, Olympia-Teilnehmerin und Paris-Sensation Tatjana Garbin (Sieg gegen Henin) ausgeklügeltes System, das sich nicht auf staatliche Zentren beschränkt, sondern bis in den hintersten Winkeln Italiens nach Talenten sucht wie eben jenem Jannik Sinner aus dem Pustertal nahe Kronplatz, der als Bub  noch ein so guter Skirennläufer hatte werden wollen wie der nahe von ihm aufgewachsene Christof Innerhofer.

Man muss ja nicht immer gleich alles eins zu eins abkupfern, aber vielleicht wär´s nicht ganz so schlecht, dem einen oder anderen Wegweiser zu verfolgen statt sich mit eines Toptalents wegen oder eines Doppelpack-Siegers im Rollstuhltennis halber  gegenseitig auf die Schulter zu klopfen. Wer weiß, wie viele Talente nicht nur im Tennis durch die Lappen gehen, wenn man nicht in alle Ecken  eines noch dazu kleinen Landes schaut…

Zum Kommentieren hier klicken

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Meist gelesen

To Top

Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen ein angenehmeres Surfen zu ermöglichen