Lara Gut war schon lange, bevor sie den Fußballer Behrami heiratete und darauf bestand, mit Doppelnamen angesprochen zu werden, ein eigenes Kapitel. Jedenfalls keine einfache Person, sondern ein eher schwieriger Fall, geprägt durch früh(reif)e Erfolge, aber auch durch schwere Sturzverletzungen, denen mehr oder weniger komplizierte Operationen folgten. Aber wie gut Frau Lara auch darin war und immer noch ist, sich nach solchen Rückschlägen wieder ganz nach oben zu kämpfen, das spricht für einen Fighting Spirit, den sie heuer in Cortina mit dem WM-Doppelpack in Super G und Riesenslalom vergoldete. Mag sein, dass Lara mitunter nicht nur zickig wirkt, sondern es nach dem Gesetz: Wie man in den Wald hineinruft, so hallt es wider, dann und wann auch ist.
Was aber ihre Kritik an den zwar regelkonformen, aber sportlich unfairen, ja unsinnigen Absagen beim Weltcupfinale in Lenzerheide betrifft, so kann zumindest meine Wenigkeit da nur zu- und einstimmen. Und dass es die polyglotte Tessinerin (Deutsch, Schwyzerdütsch, Italienisch, Spanisch, Französisch, Englisch) als Schweizerin in der Schweiz gewagt hat, davor muss man den Hut ziehen. Frau Gut-Behrami hat sich auch nicht damit begnügt, verbale Kritik mit bestenfalls medialem Echo an den Absagen der Speed-Rennen zu üben, mit denen sie schon die Chance auf die große Kristallkugel im Duell mit Petra Vlhova verloren hatte. Dass und wie sie als Weltmeisterin den finalen Riesenslalom schon nach drei Toren ohne ersichtlichen Fehler abrupt abbrach, hat man wohl als Protest an die FIS- und Weltcup-Adresse interpretieren können, da bedurfte es nicht vieler Worte, die sich Lara sowieso ersparte.
Ob´s die richtige Antwort auf starre Regeln und sture Funktionäre war, das ist vor allem eine Frage für Paragrafenreiter und Amtsschimmel. Tatsache aber ist, dass sich mit Leisetretern ganz sicher nichts ändert – und dass mir Sportler lieber sind, die sich (aus eigenem Interesse, aber auch dem ihrer Zunft- wie Gesinnungsgenossen) getrauen, den Mund aufzumachen statt alles zu schlucken, was man vorschreibt. In der Tat geraten ja die Speed-Läufer(innen) gegenüber den Technik-Spezialist(inne)n immer mehr ins Hintertreffen – vor allem, wenn es um die große Kristallkugel und den Gesamtweltcup geht. Darum sollten alle Abfahrer(innen) froh sein, dass sich Frau Gut-Behrami so weit aus dem Fenster lehnt, um eine Kalender- und Terminreform zu erzwingen. Das hat nichts mit zickigem Verhalten zu tun, sondern mit Mut. Und der verdient immer Respekt – auf oder abseits von Pisten. Wann immer möglich, so sollten Kugeln auch immer im Zielraum vergeben werden und nicht im Hotel-Foyer, wie es Gut sarkastisch, aber treffend ausdrückte.