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Harter Fall von Paris als dramatischer Weckruf, der Thiem die Augen öffnen müsste

Man kann über Bobele Becker denken, wie man will, aber als sechsfacher Grand-Slam-Turniersieger und weltweit nicht nur durch Fehltritte immer noch bekannter Star ist´s ihm zugestanden, Dominik Thiem und dessen Einstellung zum Tennis nach dem US-Open-Triumph zu kritisieren. Eigentlich, so hatte Bumms-Bumm gemeint, hätte der universell so gut ausgebildete Thiem mit dem ersten Sieg in einem Major erst recht Blut lecken müssen statt aus welchen Gründen auch immer, ob mentaler Kollaps oder mehr Interesse an frischem Liebesglück, die Tenniszügel schleifen zu lassen.

Was dabei in Zeiten wie diesen passiert, in denen wenige Prozentpunkte auf oder ab schon über Wohl oder Wehe entscheiden, hat man jetzt bei der 5-Satz-Pleite des Nicht-Mehr-Dominators trotz 2:0-Satzführung zum Auftakt der French Open gegen den spanischen Veteranen Pablo Andujar gesehen. Thiem war, gelinde gesagt, ein Schatten, wenn nicht, drastischer ausgedrückt, eine Karikatur seiner selbst als zweimaliger Roland-Garros-Finalist, der nur vom 13maligen Sieger Rafael Nadal gestoppt werden konnte. Ja, so geht´s, wenn offenbar der Fokus des Lebens nicht mehr beim Beruf ist, sondern wie auch immer anderswo.

 Und wenn das bei einem erst 27-jährigen Weltklassespieler im wahrsten Sinn des Wortes der (freie, tiefe) Fall ist, dann ist´s höchste Zeit, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen statt sich in vage Ausreden, dubiose Erklärungen und auch freundschaftlich unterstützte Entschuldigungen zu flüchten, die alles, nur nicht hilfreich, sondern kontraproduktiv sind. Abgesehen davon, dass Thiem sozusagen Einkehr bei sich selbst halten muss, sollte es für ihn auch gelten und vonnöten sein, sein gesamtes Umfeld zur Diskussion zu stellen. Trotz höchst respektabler familiärer Schlagseite, zu der neben Trainer-Vater Wolfgang und Mama Karin inzwischen auch Touring Coach Massu und Physio Stober gehören, muss Dominic in aller Ehrlichkeit gegenüber allen hinterfragen, ob er mit dem Status quo die größte Krise seiner vordem fast immer ansteigenden Karriere meistern und hinter sich lassen kann.

Je mehr er sich mit Niederlagen im Teufelskreis dreht, desto schwieriger wird´s, diesem wieder zu entkommen. So brutal es auch klingen mag, die Watschen von Paris könnte auch so etwas wie ein Alarmsignal und/oder Weckruf gewesen sein, die alles andere denn erfreuliche, aktuelle Situation zu ändern. Weiterwursteln im alten, gewohnten Trott wird aus Österreichs zweitem Grand-Slam-Turniersieger und darum auch Sportler des Jahres 2020 keinen neuen großen Sieger formen, sondern schlimmstenfalls einen der ganz großen Verlierer der Post-Pandemie-Zeit machen. Und dem sollte auch Thiems eigener Anspruch und Ehrgeiz einen Riegel vorschieben. Vorausgesetzt, er ist nicht nur ehrlich zu sich selbst, sondern beginnt auch im Sinne von Bobele wieder Blut beim Tennis zu lecken …

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