Ich habe gestern in meinem Blog davon geschrieben, dass Sport ein Mysterium ist und bleibt. Überraschungsreich. Sensationsgeil. Geheimnisvoll. Rätselhaft, Beispiellos. Märchenhaft. Ja, er schreibt Tragödien, Komödien, Dramen aller Art. Und immer wieder Märchen, die Generationen trennen, aber Familien einen. Wie jene um den Adelboden-Slalom-Sieger Johannes Strolz, den bald 30-jährigen Sohn von Hubert Strolz, den Kombi-Olympiasieger 1988, der in seiner ganzen Karriere als Ewiger Zweiter nicht ein einzelnes Weltcuprennen, sondern – wie in Calgary – als Kombinierer nur einmal in Kleinkirchheim in der Addition gewonnen hatte.
Und jetzt hat ihn der bärtige, eher wortkarge, aber körperlich wuchtigere Sohn zumindest im Weltcup überholt mit einem Triumph, der vor wenigen Monaten, nein: Wochen, längst außer Reichweite zu sein schien. Von Johannes Strolz war immer erwartet worden, dass er in den Spuren des Vaters wedeln würde, aber eben das könnte der größte Hemmschuh für ihn gewesen sein. Alle Trainer attestierten dem – wie Vater Hubert – anfänglichen RTL- und später auch Slalomspezialisten, einen schnellen Schwung zu besitzen, aber bis ans Sieges-Ziel brachte er es nur viermal im Europacup und mit drei heimischen Meistertiteln (2x RTL, 1x Slalom, Hochkar 2019), während im Weltcup ein 10. Slalomplatz in Madonna di Campiglio das höchste aller Gefühle blieb. Weil Johannes mehr Ausfälle, Rückschläge und unerfüllte Hoffnungen sammelte als FIS- oder Weltcuppunkte, flog er im Vorjahr aus allen Kadern.
Die Mathematik mag für den/die Entscheidungsträger nicht gestimmt haben, was aber den Ehrgeiz und die Einstellung des Golden-Boy-Sohnes aus Warth am Arlberg betrifft, so scheinen sie sich ebenso verrechnet zu haben wie bei Marc Digruber, dem letzten Rennläufer einer langen Dynastie aus Mitterbach bei Mariazell. Johannes, wie die Eltern fest davon überzeugt, dass es wert wäre, auf eigene Faust und aus eigener Tasche weiter den Ski-Träumen zu folgen, hat den einen oder anderen Experten jetzt Lügen gestraft mit einem der unglaublichsten, märchenhaftesten Triumphe, die es in den letzten Jahren gegeben hat.
Einem, in dem bei ihm statt einem Redeschwall vor allem Tränen flossen – Tränen der Freude, derer sich der Lackel von einem Ländle-Mann auch nicht schämen musste. Ein Siegesmärchen, vor dem sich auch der knapp besiegte Tiroler Manuel Feller mehrmals verneigte – und der Wand an Eidgenossen-Fans, die nicht vor Neid erblassten, sondern angesichts dieses Fairy Tales die Fähnchen im Schnee schwenkten. Dazu bleibt, um mit den typischen Strolz-Worten zu reden, Sohn wie Vater, den er nicht verleugnen kann, nur der landläufige Spruch: „Was soll i dazu sägä … ?“ Er war so sprachlos wie viele, die ihn abgeschrieben und ausgemustert hatten…