Ich hätte mich als Patriot gefreut, wäre es gut gegangen im Daviscup in Südkorea, aber irgendwie hab´ ich gefürchtet, dass es womöglich doch nicht klappt. Österreich also hat schon vor dem letzten Einzel verloren und muss im Herbst gegen den Abstieg kämpfen. Ja, gegen Südkorea, von dem man dachte, dass es auch ohne Thiem eine eher leichte Hürde sein würde. Irrtum. Nicht nur, weil auch der Davis-Cup seine eigenen Gesetze hat wie der Pokal im Fußball. Auch deshalb, weil man nicht zwangsweise vom Turniertennis oder Weltranglistenpunkten auf ein Team- und Nationenduell schließen kann und darf, bei dem ganz andere Komponenten und Emotionen im Spiel sind.
Abgesehen von einem etwaigen Heimvorteil, der aber wegen Corona für die Südkoreaner höchst eingeschränkt blieb, geht´s bei Duellen auf Augenhöhe in erster Linie ums Selbstvertrauen, das die größte Macht im (Individual)-Sport ist. Ja, hätte Dennis Novak ein Mentalkostüm wie ein Panzer, dann hätte er die Entscheidungspartie gegen den vier Jahre jüngeren, bei weitem nicht so erfahrenen Kwon wohl nicht in zwei knappen Sätzen (5:7, 5:7) verloren, sondern Chancen und Breakbälle genützt, um zu gewinnen.
Eine Schwäche, die sich mit wenigen Ausnahmen, etwa im Daviscup in Graz (Australien), wie ein roter Faden durch seine unvollendete Karriere zieht. Und was das erst im Vorjahr zusammengespannte Doppel des Tirolers Erler mit dem Tullner Miedler betrifft, so hat meine Wenigkeit auch die eine oder andere allzu euphorische Stimme davor gewarnt, den von beiden gefeierten Titel beim eher mittelmäßig besetzten, für uns allerdings fast schon klassischen Traditionsturnier in Kitzbühel nicht zu überschätzen – und daraus falsche Schlüsse zu ziehen.
Womit wir bei einem Thema sind, das man hierzulande nicht so gerne anspricht oder diskutiert. Es geht um die Selbsteinschätzung mit Selbstbewusstsein statt um spekulative Hochrechnung, wer was dann erreichen oder gewinnen kann, wenn er über sein/ihr ganz normales punktuelles Durchschnittsformat hinauswächst. Ausnahmen sind eben nicht die Regel, an der SportlerInnen nicht nur im Tennis gemessen werden. Sich daran zu klammern, war und ist ein Fehler.
Worum sich der bei seiner Premiere als Daviscup-Captain gestrauchelte neue ÖTV-Spotdirektor Jürgen Melzer aber schleunigst kümmern sollte, das wäre ein zielführendes Konzept, wie man erfolgreiche Nach- und Nachnachfolge-Generationen von Thiem, Novak und Konsorten auf die Beine stellt. Das möchte ich einmal hören und lesen statt eines Lamentierens, warum´s in Südkorea ohne Thiem nicht geklappt hat. Es wäre auch im Sinne Altpäsidenten Ronald „Ronnie“ Leitgeb, dessen gestern bei einem Requiem in St. Othmar zu Mödling im Beisein vieler Weggefährten von Wojtek Fibak über Thomas Muster bis zu Altmeister Hans Kary gedacht wurde.