Ja, hätte er die Breakchancen verwandelt, dann … ? Ja, was dann … ? Alles nur eine Frage des Selbstvertrauens, wie manch Sanftmütige und Unendlich-Optimisten behaupten? Tatsache ist, dass es fast immer die Besten sind, die Breakchancen entweder nützen oder aber abwehren gegen Spieler, die an sich schwächer sind. Es gehört zu den größten Stärken der Topstars, dass sie immer dann ihr bestes Tennis mit entscheidenden Schlägen auspacken, wenn es gefragt ist – und nicht dann, wenn´s eher um die goldene Ananas geht, mit Zauberschlägen für Effekthascherei sorgen.
Und genau das traf in Genf auf Thiem zu, der zwar in einem Game mit zwei Rückwärtsschlägen zwischen den Beinen hindurch zwei Punkte gemacht hat, aber den sizilianischen Gegner Marco Cecchinato nur kurz verblüfft, aber nicht aus Schlag oder Tritt gebracht hat. Zirkusreif, was aber alles, nur keine Anspielung auf Freundin Lili (Paul-Roncalli) sein soll, dieses fesche, artistisch-künstlerische Juroren-Talent, das aus dieser Schiene und Familie kommt. Zirkusreife Einlagen oder besser Eyecatcher mögen zwar dann und wann ein Ah und ein Oh auslösen im Publikum, sie zählen aber im echten Tenniszirkus so viel wie Zauberschläge von Trickgolfern, die dabei einen Bruchteil der Gagen bekommen, die für sie als Turniergolfer außer Reich- und Schlagweite gewesen waren.
Wenn unser zweiter Grand-Slam-Sieger der Tennisgeschichte nach Thomas Muster nicht bald was an seinem Spiel und an seinem Stil ändert, wenn er sich mit seinem neuen Thiem-Team weiter im falschen Kreis dreht, und sich weiter damit selbst vertröstet, dass er – Geduld, Geduld – schon bald wieder wird, was er schon einmal war, dann steht zu befürchten, dass sich der (gegen mittelmäßige oder rekonvaleszente Gegner a la Murray) immer frustrierende Negativlauf schwerlich stoppen lässt. Thiem ist an einem Punkt angelangt, an dem es für ihn aller höchste Zeit ist, sich vom allzu gewohnten Alltag zu trennen, um mit neuem Schwung und neuen Impulsen einen wirklich neuen Anfang zu machen. Der Weisheit letzter Schluss nach der sechsten Pleite in Folge kann´s wohl kaum sein, dass das Gute am Schlechten sei, ein paar Trainingstage mehr vor den French Open in Roland Garros bekommen zu haben. Erst Selbstmitleid, dann Selbstbetrug. Damit wird sich der berühmte gordische Knoten wohl kaum durchschlagen lassen….