Und dann war der Traum, wieder alles zu gewinnen, im Schneegestöber von Kiel im wahrsten Sinn des Wortes Schnee von gestern für den FC Bayern. Natürlich ist´s alles andere denn Alltag, wenn ein Zweitliga-Spitzenklub den Champions-League-Sieger, Meister und Pokalverteidiger aus dem Cup schießt – andererseits wussten, besser: ahnten nicht nur TV-Experten wie der frühere Bayern-Star Schweinsteiger schon vor dem Ankick, dass angesichts der Inkonstanz der Bayern in der Abwehr – mit oder ohne Alaba – jederzeit eine Überraschung durchaus drin ist. Und das, man kann´s kaum glauben, obwohl gegen den Holstein-Kiel-Trainer wegen dessen negativer Bayern-Bilanz alles gesprochen hatte mit 12 Pleiten in 12 Duellen mit den Münchnern in verschiedenen Bewerben mit verschiedenen Mannschaften.
Diese inzwischen fast schon krankhafte mediale Sucht nach US-Statistik-Muster, was Vorgestern geschah, mit Heute zu vergleichen, die Geschichte mit Aktualität zu mischen, damit was griffig Plakatives rauskommt, wurde mit dem Triumph der Norddeutschen im Elfmeterschießen jedenfalls ad absurdum geführt. Wenn wir bei Absurditäten sind, dann wurde eine davon nach dem Spiel beim Interview einer TV-Reporterin mit dem frustrierten Thomas Müller zum Gaudium der Zuhörer frei Haus geliefert. Die junge, selbstredend besser aussehende denn gut informierte Dame ging weniger auf eine Analyse ein, sondern wollte vor allem wissen, wie – no na, schwer zu erraten – die Stimmung bei den Bayern nach dem Pokal-K. o. wäre, alles gepaart mit einem Lachen auf ihren Lippen, als wollte sie Müller noch zusätzlich reizen.
„Lachen Sie nicht“, fiel ihr das Bayern-Urgestein ins Wort, was diese aber trotz Dementi wieder nur zu weiteren Lachen animierte. Nach einem kurzen weiteren Wortgeplänkel kam´s dann zum Abgang von Müller, den ihm die offenbar auf Anstands-Floskeln eingeschworene Jung-Reporterin mit folgenden Worten keineswegs versüßte, sondern den mit sich selbst (wie wohl die ganze Bayern-Truppe) im Clinch befindlichen, schwer enttäuschten Bayern-Star hoffentlich nur aus Gedankenlosigkeit oder 08/15-Höflichkeit zusätzlich mit einem skurrilen Abschiedsgruß verhöhnte. „Wünsche noch einen schönen Abend … “ Prost. Mahlzeit! So viel an Empathie ist schon toll …
Ja, das muss man sich alles so auf der Zunge zergehen lassen wie die bewundernswerte Leistung der Kieler, die – um diese Floskel zu bemühen – mit Krämpfen im wahrsten Sinn des Wortes bis zum Umfallen gekämpft hatten, so verbissen, dass einmal sogar zwei Mann am Boden lagen, weil sie nicht mehr rennen konnten. Und trotzdem hatten sie noch so viel Willen, Energie und Kraft, um den Bayern an der Ostsee die Lederhosen auszuziehen. „Das ist Pokal“ so meinte nachher der gefasst wirkende Bayern-Triple-Trainer Hansi Flick, „das gehört dazu. Abhaken, vorne und hinten besser machen!“ Aber auch das ist leichter gesagt als erfolgreich vollzogen. Abwarten, ob sich der mit seinen Spielern so verbundene Hansi Flick wie nach dem Kovac-Rauswurf wieder als fabelhafter Troubleshooter bestätigt. Wenn nicht, dann … ? Aber Sie wissen ja inzwischen, dass wir in einem Absurditäten-Kabinett leben (müssen) …