Was Tennis betrifft, so dreht sich hierzulande alles um Dominic Thiem und nur für die Hardcore-Fans noch um Novak, Rodionow, Ofner und eventuell Barbara Haas deshalb, weil sie neuerdings vonJürgen Melzer auf der Tour gecoacht wird. Wo aber sind die künftigen Sterne am Tennishimmel, die schon in Jugendjahren andeuten, was in ihnen steckt? Fehlanzeige! Ja, Österreich muss froh sein, wenn es die eine oder der andere schafft, in ein Grand-Slam-Juniorenturnier zu rutschen, wenn überhaupt. Da es ja hierzulande kaum an den Voraussetzungen fehlt, um schon im Jugend-/Juniorenalter zu großen Schlägen auszuholen, muss einiges falsch laufen im Tennisstaate Österreich, an dessen Spitze ja neuerdings ein aktueller Staatssekretär steht, der selbst ein passabler Spieler war.
Abgesehen davon, dass der Nachwuchs in Corona-Zeiten wie diesen ebenso wie die Senioren leidet, abgesehen davon, dass wenig bis nichts nachkommt, was neue Thiems oder Schetts und Co. zu werden verspricht, wär´s nicht so schlecht, hin und wieder auch einen Blick in andere, auch kleine(re) europäische Länder zu werfen, solche mit, aber auch manche mit fast vergessener Tradition, die außergewöhnliche Talente. Reden wir nicht von Rumänien, wo auf den Spuren von Simona Halep jede Menge an anderen Top-100-Spielerinnen wie Schwammerln aus dem Boden wachsen. Nein, in diesem Falle geht´s um Tennis in Dänemark, vor einem guten halben Jahrhundert eine kleine Großmacht mit Kurt Nielsen und den Ulrich-Brüdern, vor allem Torben, weniger Jörgen.
Jetzt aber kündigen sich mit Clara Tauson und Holger Vitus Rune zwei Teenager an, die das Zeug dazu haben, echte Größen zu werden. Die etwas ältere, gerade 18jährige Tauson war nicht nur Australian-Open-Juniorensiegerin, sie hat auch schon zwei WTA-250er-Turniere gewonnen, eines in China, eines kürzlich in Lyon – und als Nr. 96 zuletzt auch die Quali fürs St.-Petersburg-Turnier geschafft! Davon können von Haas bis zur Antonitsch-Tochter Mira alle heimischen Tennisdamen nur träumen! Und auch der noch 17-jährige Rune hat nicht nur die Junioren-French-Open gewonnen, sich nicht nur zur Junioren-Nr. 1 der Welt gekrönt, wurde nicht nur von den Top-Stars der Welt beim ATP-Finale in London als Hitting Partner geholt. Rune hat zuletzt in Südamerika gezeigt, welch Potential er besitzt, immerhin in Santiago de Chile mit einem Achtelfinal-Sieg gegen Benoit Paire (Nr. 29) die Runde der letzten Acht erreicht und damit auch das bisher beste ATP-Turnier-Resultat von Österreichs Nr. 2, des 10 Jahre älteren Dennis Novak (Montpellier), eingestellt.
Ohne ihm Honig ums Maul zu schmieren – es spricht für den Tennis-Verstand und Weitblick des früheren Muster-Machers, Melzer-Managers, ÖTV-Präsidenten und aktuellen Turnier-Veranstalters Ronnie Leitgeb, dass er eben diesen Dänen (ebenso wie den 17jährigen Borg-Sohn Leo oder den russischen Himmelstürmer und Wien-Sieger Rublev) mit einer Wildcard für das (von Houston, Texas, übernommene) 250er in Marbella engagiert hat, das demnächst in Szene geht. Es kann alles, nur nicht schaden für die Zukunft, solche Rohdiamanten a la Rune oder Borg frühzeitig an Bord und ins Boot zu holen, wenn ihre Karriere noch in Kinderschuhen steckt. Gut möglich, dass sie sich daran erinnern, wenn sie mit Siebenmeilenstiefeln schon Richtung Weltspitze unterwegs sind.
Bedauerlicherweise kenne ich aktuell keine so jungen Österreicher(innen), um deren Aufschlag sich internationale Veranstalter reißen würden. Und das muss, mit Verlaub, auch (Hinter)Gründe haben, die es ebenso zu analysieren gibt wie es höchste Zeit wäre, die Öffnung der Tennishallen noch im Spätwinter (der noch länger dauern kann) durchzuboxen. Ansonsten bleibt uns nur der schwache Trost, trotz akuter Not an geeigneten Hallen mit nötiger Besucherkapazität als Ersatz-Veranstalter womöglich den Daviscup im Spätherbst organisieren zu dürfen. Aber was das betrifft, sind wir Österreicher sowieso schon längst Weltmeister. Nicht nur im Ski- und Wintersport!
Dänen-Talent Rune (links) und Legenden-Sohn Leo Borg (rechts)