Wir wollen keine Vergleiche ziehen, weil sich die Parameter mit Material, Regeln und neuen Rennen ständig geändert haben, aber mit ihrem unter höchst dramatischen Umständen errungenen 100. Weltcup-Jubiläumssieg im Slalom von Sestriere hat sich Mikaela Shiffrin, die seit Dezember 2012 alles, was man gewinnen kann, mehrmals gewonnen hat, zur besten Skirennläuferin aller Zeiten gemacht.
Mit einer frisch operierten Stichwunde, trotz ohne Trainings verständlichen, aber doch frustrierenden Riesenslalom-Flops, trotzte sie vielen Umständen, die gegen sie im Finale gesprochen hatten, um mit großem Vorsprung zu gewinnen und dann nicht gleich zum TV-Interview zu eilen, auch nicht zum Herzblatt Kilde, der wieder operiert wurde, sondern zur Mama Eileen, die die kleine Mikaela so bemuttert hat wie jetzt den 29-jährigen US-Star, der mit Team-Gold- und Meilenstein-Comeback die Rückkehr ihrer nach außen hin weltoffeneren Landsfrau Lindsey Vonn auch medial um Meilen hinter sich gelassen hat.
Das sei, um werbe- und schlagzeilenträchtige Bullen-Aktionen zu relativieren, an dieser Stelle gesagt. Und dabei erwähnt, dass sich in Mikaela Shiffrins Karriere nur durch Schicksalsschläge wie dem plötzlichen Tod ihres geliebten Vaters kurz unterbrochene Konstanz und auch Kontinuität durchzieht, wie man ihnen im Diktat televisionärer Zeiten selten begegnet. Mit Kilian Albrecht, vom ÖSV ausrangierter, danach für Bulgarien kurvender Slalom-Olympiavierter 2002 und Ex-US-Profiläufer, nahm den Teenager ein gut vernetzter Neo-Manager unter seine Fittiche-
Jener Kilian, der nicht nur wusste, welch Talent er in seinen Händen hielt, sondern auch erkannte, dass die menschlich-familiäre Komponente Kontinuität ein Trumpf bei Sponsoren ist, ob Ski oder Spaghetti. Alles wie am Anfang, als sie mit 16 gekommen war, gesehen hatte und und in Lienz erstmals aufs Slalompodest gefahren war am Jahresende 2011. Atomic und Barilla lassen, das sei ausnahmsweise gestattet, immer noch neben US-Verbandssponsoren grüßen wie eh und je…
Damals jubelte mit ihr auch der damalige Atomic-Produktionschef und frühere Ski-Profi Rupert „Killy“ Huber mit seinem Namensvetter, dem Rennchef Rudi Huber, die gemeinsam die überlegene Seriensiegerin von US-Schülerrennen schon 2009 als Kind für ihre Firma verpflichtet hatten. Killy“ Rupert, der viele olympische und WM-Erfolge feierte, erlag 2021 einem Krebsleiden, konnte also den historischen Hunderter nicht mehr erleben. Die beiden allzu früh verstorbenen Mentoren, also Papa und die Hubers, waren einst Väter einer Karriere, die Killy Rupert in euphorischen Schilderungen der Überlegenheit des halben Kindes gegen viel ältere Semester schon 2010 in Beaver Creek angekündigt hatte. „Da kommt eine, die so gut, wenn net besser wird als die Annemarie (Moser-Pröll), da könnt´s sicher sein, wie die fahrt ka andere!“ Und das in der Vonn-Blütezeit! Der in seinem Wesen unvergleichliche Killy aus Altenmarkt sollte recht behalten.
Und jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Shiffrin nach dem 155. Podestplatz, mit dem sie in Sestriere den Stenmark-Rekord aus dem Jahre 1989 egalisiert hat, mit dem nächsten Sieg oder Spitzenplatz demnächst löscht. Mit ihrem Rekord-Comeback hat Mikaela einen Präsidenten-Spruch triumphal abgewandelt: „Make America Skiing mit Shiffrin greater than great again!“ Und rekordverdächtig auch, wie normal und demütig sie blieb trotz ihrer Rolle als ein ET der Szene…
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