Das erwartete Heldenepos des spanischen Tennis-Überlebenskünstlers endete nicht mit dem erhofften Happy End, sondern mit einem unerwarteten Schwanengesang. Der gegen den in Kitzbühel von Sebastian Ofner entzauberten Richard Gasquet noch souveräne Melbourne- und Paris-2022-Sieger Rafael Nadal musste gegen den Wien-Publikumsliebling Frances Tiafoe seine die Segel streichen und sieben Sachen packen.
Im Gegensatz zum Afro-Amerikaner, der das Match seines Lebens gespielt und gewonnen hatte, gab´s diesmal von Seiten des davor heuer in Grand Slams noch unbesiegten Nadal (Aufgabe im Viertelfinale von Wimbledon vor Semifinale) eher Selbstkritik, „dass ich nicht dieses Niveau so hoch hab halten können, um in einen fünften Satz zu kommen!“ Von Folgen der diversen Verletzungen, die ihn seit einigen Jahren immer wieder quälen und zu mehr oder weniger langen Pausen führen, war diesmal ausnahmsweise keine Rede beim Spanier, der wohl noch längere Zeit, wenn nicht für immer der Grand-Slam-Rekordler mit 22 Einzeltiteln bleiben dürfte.
Da kaum anzunehmen ist, dass die Australier entweder einen Rückzieher von ihren strikten Einreiseregulativen oder aber eine Ausnahme von der Corona-Regel machen, wird der vom US-Open ausgesperrte Impfmuffel Djokovic wohl auch einen Bogen um Melbourne machen und, sofern es nicht neue Maßnahmen gibt, dann versuchen müssen, den Sandplatzkönig Nadal just in dessen Wohnzimmer in Roland Garros zu entthronen. Allein anhand dieser Auflistung von Wenn und Aber sieht man, wie die von der Weltpolitik diktierte Sportpolitik das Wohl und Wehe von Einzel-Athlet(inne)n, aber auch von Mannschaften bestimmt, wenn nicht so verzerrt, wie es ihr beliebt.
Das Aus für Nadal bedeutet aber auch, dass es eine neue Nummer 1 der Tenniswelt geben wird ebenso wie einen neuen US-Open-Sieger, der noch nie ein Grand-Slam-Turnier gewonnen hat, ob er jetzt Alcaraz oder Ruud, Sinner oder Berrettini, Rublew oder Tiafoe, Kachanow oder Kyrgios in bunter Folge heißt. Allein die Namen dieser acht tollen, aber auswechselbaren Spieler signalisieren, dass mit dem Aus für Nadal auch der Schwanengesang für die großen Drei oder die vielleicht drei größten Stars aller Zeiten begonnen hat, die dem Welttennis seit Roger Federers erstem Wimbledonsieg im Jahre 2003 den Stempel aufgedrückt haben.
Wie stark eben diese Handschrift oder wie unglaublich gut und konstant dieses unglaubliche Trio über einen Zeitraum von fast zwei Dezennien gewesen ist, zeigen ja die insgesamt 63 Grand-Slam-Titel, die sie zusammen erspielt, erkämpft oder im Schweiß ihres Angesichts erzwungen haben. Auch wenn man mit solchen Prognosen vorsichtig sein muss, so wage ich trotz allem zu prophezeien: Das gab´s nur einmal, das kommt wohl so bald nicht wieder…