Tennis

Casper Ruud als die Unbekannte in finaler Paris-Rechnung mit Nadal

Welch eine dramatisch-tragische Übersteigerung des French-Open-Semifinale! Und welch eine Ironie des Schicksals, dass es nicht Rafael Nadal erwischte, der ja unter chronischen Fußproblemen leidet, sondern den bis dahin ebenbürtigen, wenn nicht dominanteren Olympiasieger Alexander Zverev. Nicht eines, sondern mehr Seitenbänder im Knöchel sollen bei ihm nach der ersten Diagnose gerissen sein, was an sich eine wochen-, wenn nicht monatelange Pause bedeuten würde – es sei denn, es kommt ein Wunderheiler daher, der ganz ohne OP dem Deutschen mit russischen Wurzeln schneller auf die Beine hilft.

Angesichts der unheilvollen Parallelen unter Hamburger Tennisstars war natürlich sofort klar, dass sich da Michael Stich zu Wort melden würde, hatte er sich doch vor 27 Jahren beim Wien-Turnier so folgenschwer überknöchelt, dass er drei Monate lang kein Turnier hatte spielen können. Allerdings war´s ihm im Späthernst passiert, also am Saisonende und nicht bei dem und nicht vor jenen Turnieren, bei denen er den Angriff auf die Nummer 1 der Tenniswelt hatte ins Visier nehmen wollen. Warten wir also einmal ab, wie es mit Sascha, dem neuen deutschen Tennishelden, weitergeht …

Obschon er seinen eigenen Aussagen nach schon auf dem Zahnfleisch geht, scheint der Erfolgslauf von Rafael Nadal wohl nur dann aufzuhalten, sollte ihm im Endspiel gegen Casper Ruud ganz Ähnliches widerfahren wie seinem Semifinalgegner. Aber dieser inzwischen 36jährige Inselmensch aus Mallorca war schon immer und ist jetzt erst recht im fortgeschrittenen Tennisalter das zu sich selbst härteste Stehaufmännchen unter den Tennis-Musketieren.

Immer dann, wenn man vermeint, er wäre quasi abschussreif, plustert er sich mit dem Rücken zur Wand so auf, dass er damit die Gegner in die Knie zwingt. Das war schon so gegen den von seinem Onkel Toni betreuten Frankokanadier Felix Auger-Aliasimme, danach gegen seinen Erzrivalen Novak Djokovic und nun gegen Alexander Zverev, der sowohl den Tiebreak des ersten als auch das Ende des zweiten Satzes nach klarer Führung versemmelt hatte, ehe ihn höhere Verletzungs-Gewalt aus dem Rennen um den ersten Grand-Slam-Turniersieg und French-Open-Titel warf.

Man kann gespannt sein, wie sich Casper Ruud, Sohn eines einstigen Muster- und Skoff-Gegners, erster Norweger in einem Grand-Slam-Einzelfinale, bei dieser historischen Premiere am Center Court in Roland Garros verhält und – (sich vielleicht auch selbst) schlägt. Noch dazu, wenn einer gegen eines seiner größten Jugend-Idole spielen und auch mental dazu bereit sein muss, diesen 21fachen Rekord-Grand-Slam- und 13maligen Paris-Sieger zu entzaubern oder gar zu entthronen. Bei dieser mehrfachen Größe des Augenblicks handelt es sich um eine Unbekannte, die so gut wie keine Prognosen zugelassen hat.

Nur zu hoffen, dass der krasse Außenseiter nicht zum Kaninchen vor der Schlange wird, welches vor Ehrfurcht so erstarrt wie im Oktober 2020 bei den Corona wegen verschobenen French Open, als der Norweger gegen den damaligen US-Open-Sieger Thiem nicht den Funken einer Chance hatte. Aber inzwischen hat er acht Turniere gewonnen und sich als nordische Eiche unter den Top 10 etabliert. Als Kontrastprogramm zu Dominic Thiem unter den kleinen Außenseitern der großen Tennisgesellschaft…

 

 

 

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