Ja, wer hätte das gedacht! Ehrlich gesagt die wenigsten auch unter den Optimisten. Auch und schon gar nicht zur Pause, als die oft von den Schweden eingeschnürten Österreicher außer einem abgelenkten Arnautovic- und eine Gregoritsch-Krücke offensiv nichts und nur mit viel Glück eine Doppelnull in die Kabine gebracht hatten. Ja, diese Hälfte war nur die eine ungeschminkte Seite eines Januskopfes Namens ÖFB-Team, der dann, als hätte ihm eine magische Hand ein zweites Gesicht verliehen, die (so ineffizienten wie glücklosen) Schweden in Stockholm in Angst und Schrecken versetzte.
Als Gregoritsch das 1:0 erzielt und so per Kopf einen rotweißroten (Bundes)-Adler gemacht hatte, ging´s Ruckzuck – 2:0 mit etwas Ballglück, 3:0 mit wieder etwas Elfer-Ballglück, zweimal Arnautovic, der vordem wie so viele Stürmer eine Statistenrolle gespielt hatte. Das Gegentor am Ende war kaum mehr der Rede wert bei einem so pompösen 3:1-Auswärtssieg, der dem ebenso klaren 2:0-Heimsieg in Wien nun folgte. Nur wenige Tage nach der Blamage gegen Moldau, die kein gutes Haar an unserem Team gelassen hatte, hängt der Fußballhimmel plötzlich voller Geigen, scheint oder eigentlich ist schon der Weg so gut wie frei zur EM-Endrunde2024, die nur Zwischenstation sein soll zur Dreiländer-WM 2026 in USA, Kanada, Mexiko.
Jedenfalls wird, da kann der Deutsche Rangnick noch so bremsen, allerorten schon euphorisch ein- und angestimmt: Deutschland, wir kommen! Wobei es davor noch umgekehrt läuft: Die Deutschen, unsere Nachbarn als vierfache Weltmeister, kommen zuerst zu uns zum Freundschaftsspiel, wobei sich – 45 Jahre nach dem Cordoba- und Krankl-Klassiker 1978 – die Frage stellt, wer jetzt für wen den Sparringpartner und Aufbaugegner spielt. Daran hat auch ein 2:1 im Spiel um die Goldene Ananas unseres Nachbarn in Not gegen seinen Nachbarn Frankreich (ohne Mbappe) nichts geändert. Völler ist zurück, aber fußballerisch war´s noch keine Völlerei. Immerhin hat´s, wie in guten alten Zeiten, wieder gemüllert …
Insofern erinnert der längst nicht mehr so große Bruder an uns, dass auch er in Kürze zwei Gesichter zeigte. So zukunftsreich unser Team mit der zweiten, der schöneren und auch erzwungenen glücklicheren Seite, so wichtig der Sieg samt Moralinjektion in der EM-Qualifikation, so soll und darf man auch die weniger schöne Seite nicht ganz vergessen, was mit Suche nach Haaren oder Härchen in der Suppe nichts zu tun hat. Beim ehrlichen Bick zurück in den Spiegel der Statistik lässt sich nämlich feststellen, dass sich diese qualitativ gut aufgestellte Mannschaft auch in Rangnick-Teamchef-Zeiten in richtungsweisenden Spielen seit Jahren fast immer eine bessere und eine schlechtere Hälfte leistet. Und nicht immer geht´s dann so gut aus wie diesmal gegen hölzern-plumpe Skandinavier, als es nach einer Hälfte zum Vergessen eine zweite Hälfte zum Genießen gab. Mit einem zu Recht bejubelten Happy End…