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Franz Klammer 70 oder. Verbeugung vor Drehbuch eines Skikaiser-Lebens

Man kann´s kaum glauben, aber es stimmt. Franz Klammer, unser aller Abfahrtskaiser aus Mooswald bei Fresach in Kärnten, wird 70, nein: ist Siebzig. Heute, an einem Sonntag, obschon er kein Sonntagskind war, hingegen vom Leben zu einem solchen in vielerlei Hinsicht gemacht wurde. Die 70 sind nur eine Zahl, mehr nicht. Man sieht sie ihm nicht einmal an, wenn er Augengläser trägt. Man würd´s nicht merken, wenn aus ihm der Urquell der Natürlichkeit sprudelt. Er gluckst noch immer so unverfälscht wie in jungen Jahren. Es lacht oder lächelt aus ihm angeborene Heiterkeit, auch wenn er nicht immer in seinem Leben mit weit mehr Höhen als Tiefen was zum Lachen hatte. Den Mutterwitz hat er trotz manch Rückschlägen. Sorgen und Problemen nie verloren nach dem Motto: Humor ist´s, wenn man trotzdem lacht. Arroganz und Hochmut gehören für ihn, der auch in Amerika und im Englischen daheim war, zu den Fremdwörtern.

Auch als Olympiasieger und Weltmeister, 4facher Streif- und 25facher Weltcupsieger, ist der alte Klammer der junge Franz geblieben. Einst als Superstar auf und abseits von Skipisten, jetzt in die Jahre gekommene Skilegende, die mit        Annemarie Moser und Hans Krankl hochoffiziell bei der Sport-Gala 2023 zur nationalen Ikone erhoben wurde. Und ihm zu Ehren erleben wir dieser Tage in den Medien wahre Klammer-Festspiele, nicht zuletzt mit dem Film, der über ihn, seine fabelhafte Freundin Eva, aus der später Ehefrau und zweifache Mutter wurde, und die dramatische, atemberaubende Jagd zum allseits geforderten Olympiasieg am Patscherkofel gedreht wurde.

Damit wird´s Zeit, im Drehbuch des Klammer-Daseins umzublättern und das Rad der Zeit zurückzudrehen bis in die frühen 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts, denen der in seinem ganzen Wesen einzigartige Kaiser Franz als Nachfolger des einmaligen Skikönigs Karl (Schranz) seinen Stempel aufdrücken sollte. Es war nach einigen Podestplätzen so etwas wie ein Weihnachtsstern, der am 21. Dezember 1973 auf der nach Regen und Temperatursturz vereisten Planai in Schladming aufging.

Es ratterte, es schüttelte ihn, aber der gerade 20-Jährige Franz Klammer behielt anders als vor allem die Italiener die Kontrolle über Ski und Piste, um im Weltrekordtempo von 111.45 km/h zu seinem ersten Weltcupsieg, in die Annalen und Herzen der Ski- und Sportfans zu in die  rasen. Dass in ihm nicht nur ein Teufelskerl steckte, sondern ein perfekter Skifahrer, das bewies er anfangs mit Riesenslalom/Slalom-Toprennen  und in St. Moritz 1974, als er sich mit Kombinationsgold über Abfahrtssilber hinwegtröstete.

Aber Klammer und Abfahrt, das wurden und waren eins wie das Amen im Gebet. Und eben diese fast unendliche Siegesserie stellte ihn vor und bei den Olympischen Heimspielen in Innsbruck unter einen geradezu unvorstellbaren Erfolgsdruck und Siegzwang. Am Tag der Tage, einem 5. Februar 1976, glich Österreich – wie beschrieben im „Weißen Rausch“ (Seefranz mit Metzger) – der Kulisse eines Westernfilms mit leergefegten Straßen, weil allerorten die Menschen gespannt vor den TV-Schirmen saßen, um dabei zu sein, wenn „unser“ Klammer das “Duell“ mit Titelverteidiger Russi und anderen bestreitet – und natürlich gewinnt, wie es der Kaiser Franz dann gewann!

Lassen Sie mich dazu deshalb noch kurz ausholen, weil es selbst unter meinen Blog-Lesern noch solche gibt, die damals noch nicht geboren waren. Dieser Triumph, der Klammer zu sportlicher Unsterblichkeit verhalf, war auch ein Triumph seines festen Charakters, seiner Willensstärke und seiner bäuerlichen Schläue, die vor der Goldfahrt die Marketing- und Technik-Strategen seiner Ski-Firma (Fischer) austrickste.

Sie wollte unbedingt, dass er den neuen, revolutionären Loch-Ski anschnallt, aber Franz weigerte sich nicht nur standhaft, sondern brachte den vertrauten Seriensiegerski RC4 im Zimmer des Olympiadorfes in Sicherheit, damit er nicht entwendet werden konnte. Goldgriff vor Goldfahrt, die nach Zwischenzeit-Rückständen mit jener Bestzeit endete, bei der sich der legendäre Ingenieur Edi Finger vor Begeisterung so überschlug wie später in Cordoba. Und die den entthronten Bernhard Russi, zwei Herzen in seiner Brust, zum Stehsatz animierte. „Nicht ich hab´ verloren, der Franz hat gewonnen!“ Ein Adelsprädikat.

Ob der schwere Rennunfall, der seinen Bruder Klaus an den Rollstuhl fesselte, im Unterbewusstsein für die lange Krise und verpassten 1980er-Spiele in Lake Placid eine Rolle spielten wie der Wechsel der Skimarke (von Fischer zu Kneissl, auf dem wieder Stock zu Gold fahren sollte), lässt sich post festum schwer sagen. Aber welch Kern in ihm steckte, welch Stehaufmännchen er auch als leidgeprüfter Endzwanziger mit 11 Rennjahren war, das bewies er im Dezember 1981, als er nach 1366 sieglosen Tagen buchstäblich wie ein Blizzard in Val d´Isere über die Gegner hinwegfegte. Eine unglaubliche Wiedergeburt, der er im Jänner 1984 mit dem vierten Triumph auf der kompletten Streif-Abfahrt (unverkürzt, ohne Umfahrungen) eine letzte skisportliche Krone aufsetzte.

Dass er später auch noch Staatsmeister im Motorrennsport wurde, also dort, wo sich Lenkradakrobatik, Gefühl für Technik und Temporausch  die Hände reichen, war nur noch Draufgabe. Aber allerorten, wo Klammer, unser Kaiser Franz, auch auftrittt und draufsteht, dort ist der unverwechselbare Kärntner und Wahlwiener auch unverwechselbar drinnen. Als junggebliebener 70er, der sich in seiner neuen privaten Rolle als zweifacher Vater und nun auch Großpapa wohlfühlt. Ja, ja, in Mooswald bei Fresach, ums Eck von Kleinkirchheim, wo am 7. Dezember offiziell gefeiert wird, “is Kärnten lei ans…“ Und mit der Heimat seines volksnahen Helden ganz Österreich!  

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