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Fußballprovinz in ORF-TV und Golf-Beletage mit Wiener Zungenschlag namens Straka im Pay-TV

Ich bin mir schon dessen bewusst, dass ich als Beckmesser, Negativist und Nestbeschmutzer abgekanzelt werde, wenn ich mir erlaube, die heimische Schrebergarten-Mentalität anzuprangern. Eine, die am besten durch das heimische Staatsfernsehen bestätigt und dokumentiert wird. Also der langen Rede kürzerer Sinn, so bin ich heute in der Marriott-Sportsbar gesessen, um auf verschiedenen Bildschirmen die Ereignisse des Tages zu verfolgen, die da ab dem frühen Nachmittag und nach der Schwimm-WM (daheim in ORF-Sport Plus) der Reihe nach hießen: Formel 1, Tour de France, British Open im Golf und, jawohl und: ÖFB-Cup, 1. Runde mit dem umwerfenden Hit von Donaufeld gegen Rapid!

Als der ungarische Grand-Prix mit dem bulligen „Überraschungssieger“ Max Verstappen und folgendem Interview-Marathon auch in ORF 1 vorbei war, hatte der Staatsfunk mit Haushaltsabgabe danach nur noch den Pokalschlager zu bieten, weil er sich irgendwelche Rechte (wer weiß, was wirklich für Kurzberichte verlangt wird, wer weiß?) von echten Groß-, wenn nicht Mega-Events nicht (mehr) leisten kann oder vielleicht auch gar nicht senden will, weil sie nicht ins politische Konzept passen. Wer verkabelt ist, der konnte wenigstens zum Eurosport ausweichen, um statt des tollen Wachau-Marathons in toller Landschaft die Tour de France mit dem heimischen Sensationsmann, Etappensieger und Bergpreiszweiten Felix Gall beim langsamen Schaulaufen (unter Tempo 30) nach Paris zu verfolgen.

Wer sich allerdings kein Pay-TV leisten kann oder will, bei dem war Mattascheibe, was die größte heimische Golfsensation des in Wien geborenen und aufgewachsenen, im GC Fontana (bei Claude Grenier) ausgebildeten Austro-Amerikaners namens Sepp Straka betrifft, dieses 30jährigen mit Wiener Zungenschlag. Wiener Schmäh und rotweißroter Fahne, unter der er in aller Welt spielt. Dieser kraftstrotzende, trotzdem gefühlvolle Golfprofi landete im ältesten und klassischsten aller Major-Turniere, dem British open in Hoylake bei Liverpool, mit drei anderen Topstars auf Platz 2 – und hätte Straka nicht am letzten Loch einen Schlag verloren, wäre er sogar alleiniger Zweiter geworden!

Eine für Kenner unfassbare Leistung in einem Weltsport, in dem Österreich bis vor gut 20 Jahren, bis zu einem gewissen Markus „Maudi“ Brier, gar keine Rolle gespielt hatte. Wer damals prophezeit hätte, ein Österreicher würde um einen Major-Sieg mitspielen, der wäre – übertrieben formuliert – ins Narren-Kastl gesteckt worden. Inzwischen ist die Narretei von vorgestern dank der Siege und sonstigen (Achtung)-Erfolge von Brier über Wiegele, Wiesberger bis Schwab und jetzt als krönenden Höhepunkt des zweimaligen US-PGA-Turniersiegers Sepp Straka zur Realität geworden.

Ob Straka, ob Felix Gall, ob Felix Auböck (auch ohne Medaille), ob WM-Finalist Simon Bucher, ob die vergoldeten und versilberten Synchron-Nixen Alexandri, ob Weißhaidinger und der eine oder die andere Ausnahme in unserem Sport – es wird höchste Zeit, dass sich vom Sportminister bis zum Staatsfunk die Verantwortlichen bewusstwerden, dass man Geld dort investieren muss, wo es Vorbilder und Ikonen gibt, also in die Beletage des Weltsports. Und nicht in die noch so idyllische Sportprovinz mit ungleichen Fußball-Cupduellen von Erst-Divisionären mit Viertligisten, auch wenn sie mit potenten und für den eher ab- statt unabhängigen ORF noch so wichtigen Sponsoren verknüpft sind.

Es kommt immer darauf an, wie man das Geld anlegt oder aber beim TV-Fenster so hinauswirft wie mit den angeordneten und über Gebühr hochgejubelten Live-Übertragungen einer Fußball-WM der Frauen ohne Österreich. Patriotismus aber ist zumindest hierzulande ja offenbar nicht mehr sehr gefragt oder gar nicht mehr gern gesehen bis gestattet. Ich fürchte, dass es für einen Sepp Straka in den USA mehr Anerkennung und Sendezeiten gibt als in seiner angestammten Heimat.

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