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Bei diesem Nadal musste Djoker ein Novak sein

dd, sid

Ich ziehe den Hut vor Novak Djokovic! Nein, ich war nicht im falschen Film, ich hab mich nicht geirrt. Jawohl, ich ziehe ihn vor Djokovic, der als Nr. 1 am eigenen Leib erlebte, was das geflügelte Wort bedeutet: Einer muss der Novak sein! Wie der Serbe die vielleicht bittersten drei Stunden seiner Karriere in einem trotz einseitigem Resultat (0:6, 2:6, 5:7) hochklassigen Schlagabtausch mit dem besten Rafael Nadal aller Zeiten wegzustecken und dieses Endspiel sogar noch zu drehen versuchte, das musste einem Bewunderung abringen. Eben deshalb, weil auch meine Wenigkeit in fast zwei Jahrzehnten Nadal diesen unverwechselbaren Spanier noch nie in einer derartigen Form gesehen hat gegen einen zwei Sätze lang hervorragenden und letztlich doch hilflosen, heuer davor unbesiegten Djoker – ganz so, als wär´s Sandplatz-Tennis von einem anderen Stern. Ganz so, als wollte er drei Jubiläen und Rekorde auf einen Schlag treffen – 13. Grand-Slam-Titel an einem Ort, was noch niemand geschafft hat, mit dem 20. Grand-Slam-Sieg jetzt auf einer Stufe mit Roger Federer. Und obendrauf noch der 100.Sieg in Roland Garros seit seinem Erstauftritt als 16-Jähriger.

Aber selbst all diese Superlative konnten nicht Schritt halten mit dem sensationellen und universellen Tennis, das ein bis in die Haar- und Zehenspitzen motivierter, zu allem entschlossener Rafael Nadal gegen einen großartigen, aber an diesem Tag bedauernswerten, fast chancenlosen Djokovic bot. Wer vordem mitunter abschätzig vermeint hatte, der Mallorquiner wäre nur ein fabelhafter Sandwühler und so etwas wie ein Arbeitstier und Dauerläufer, der musste spätestens in und nach diesem Finale seine Vorurteile revidieren. Welch feines, gefühlvolles Links-Händchen der geborene Rechtshänder in extremis bei Gegenstopps auspackte, welch Überkopfbälle er im Rückwärtsgang schlug und wie er, vermeintlich ausgespielt, in Bruchteilen von Sekunden den vermeintlichen Ballwechselsieger Novak am falschen Fuß erwischte, das zeugte auch von höchster Spielintelligenz. An diesem Nadal, da bin ich mir sicher, wäre auch jeder andere Gegenspieler zerbrochen, wahrscheinlich viel früher, als das bei Djokovic der Fall war, der nach dem Rebreak im 3. Satz die dünn besiedelte Tribüne mit seiner typischen La-Ola-Bewegung aufzuheizen versuchte. Es schien, als würde er das Blatt wenden, allein es blieb der unvollendete Versuch.

Boris Becker, selbst sechsmaliger Grand-Slam-Sieger und als früherer Djoker-Coach auch Sympathisant des Serben, geriet ob diesem Nadal so ins Schwärmen, dass er von einer Lobeshymne zum nächsten Superlativ kam. Ja, er verstieg sich sogar dazu, dass es wohl nie wieder einen solchen Seriensieger bei einem Grand-Slam-Turnier geben würde. Und für ihn als Experten ein 14. Paris-Sieg des  34-jährigen, aber körperlich unglaublich fitten, geradezu blitzschnellen Nadal wahrscheinlicher sein könnte als das Ende dieses sensationellen Roland-Garros-Triumphzuges. Für alle seine möglichen Epigonen jedenfalls war´s eine Lehrstunde und ein Anschauungsunterricht, was alles im Sandplatztennis möglich ist. Auch für Dominic Thiem, einem seiner Herausforderer, der ihn schon bei einigen Turnieren besiegt hat, war´s eine spektakuläre Lektion, aus der Weltklassespieler wie er noch viel lernen können. Und selbst eine Nummer 1 wie Novak Djokovic, der alles auspackte, was er im Arsenal hatte, letztlich aber nach dem vorletzten Game im dritten Satz die Segel strich. Selbst sein bestes Tennis war gegen den besten Nadal doch nur verlorene Liebesmüh samt bitterer Pille, die er bewundernswert schluckte. Hut ab vor ihm und Verbeugung, nein: Kniefall, vor dem universellsten Nadal, den man je sah. Welch Evergreen, der mit dem Alter immer noch besser spielt…

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