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Geteilter Rekordler, aber einzigartiger Djokovic: Wenn ein Vulkan der Gefühle ausbricht

Für mich als langgedienter Sportjournalist schlugen heute mittags zwei Herzen in meiner Brust, schließlich ging es getrennt durch Sportarten, Abertausende an Kilometern und drei Kontinente um zwei unterschiedliche Rekordmarken. Da befand ich mich zwischen Ski und Shiffrin da, Novak Djokovic und Tennis dort, in einer Zwickmühle, wem von beiden ich den Vorrang einräumen sollte. Nicht nur Shiffrin, die ja noch Jahre vor sich hat, und die ebenfalls von Kilian Albrecht jahrelang betreute Deutsche Lena Dürr mit ihrem ersten Slalomsieg und dem ersten der DSV-Damen (betreut von Ex-ÖSV-Herrenchef Puelacher!) seit 2012 erlösten mich aus diesem Dilemma, sondern auch und vor allem der nimmermüde Djoker.

Als der 35jährige Serbe mit dem 6:3, 7:6,7:6-Finalsieg gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas mit seinem zehnten Triumph bei den Australian Open den Nadal-Rekord von 22 Grand-Slam-Erfolgen eingestellt hatte, brachen aus ihm die Emotionen heraus wie aus einem Vulkan. Verständlich, wenn man bedenkt, wie Djokovic vor einem Jahr von den Australiern nicht behandelt, sondern gedemütigt und deportiert worden war, wenn man bedenkt, wie ihm abseits von Serben und deren Freunden rund um die Welt als überzeugter Impfmuffel eher Antipathie und Aversion entgegengebracht wurden.

Aber anders als vor mehr als einem Jahr, als er dem damaligen Grand-Slam-Rekord nach der Dreisatz-Niederlage gegen Medwedew in New York im wahrsten Sinn des Wortes mit dem Kopf unter dem Handtuch nachgeweint hatte, heulte der “Djoker“ in seinem Gefühlausbruch aus Freude sozusagen Rotz und Wasser. Und er schämte sich dessen auch nicht, als er zu seiner Box hochgestürmt war zu seinen (oft allzu militanten) Eltern, zu Goran Ivanisevic, kein Serbe, sondern Kroate, und den anderen. Und er schämte sich auch nicht, als man ihn, dieses Muster an Mobilität, dann vor lauter Gefühlen zitternden Leibes wie ein älteres Semester zurück auf den Court der Rod-Laver-Arena holen musste.

Man mag über Djokovic, seine Ansichten, seine Lebensführung  und was immer geteilter Meinung sein – niemand aber wird erstens bestreiten können, dass dieser Tennis-Superstar auch dann immer und überall zu seinen  Überzeugungen gestanden ist, auch wenn sie mit Nachteilen und mehr oder weniger Strafen verbunden waren. Das ehrt diesen Serben, der in heimatlichen (Jugoslawien)-Kriegszeiten aufgewachsen war, ebenso wie seine Extraklasse als Tennisspieler und sein Ehrgeiz, den Abermillionen an Preis- und Vertragsgeldern seit fast 20 Jahren nicht korrumpieren konnten.

Wer weiß, welche Grand-Slam-Maßstäbe der vielleicht nicht spektakulärste, aber vom Allroundkönnen her universellste und beste Tennisspieler aller Zeiten hätte schon setzen können, wäre er da nicht im Thiem-US-Open-Jahr 2020 vorzeitig disqualifiziert und danach auch von Melbourne und New York ausgeschlossen worden. Man darf gespannt sein, was die Zukunft für diesen außergewöhnlichen Sportler bringt, der es allen Widerwärtigkeiten und allen Feindschaften zum Trotz immer wieder geschafft hat, trotz allen Abhalfterns wieder die Nummer 1 zu werden. Kein anderer war jemals länger an der Weltspitze, kein anderer hat jemals so viele Masters-1000-Turniere gewonnen. Eine Ikone des Sports, die nur mit den olympischen Göttern (im Gegensatz zu Shiffrin) auf Kriegsfuß stand, weil mehr als einmal Bronze (Peking) und einmal Blech (Tokio-Semi) noch nicht drin waren. Gut möglich, dass er in Paris 2024 nachholt, was er versäumt hat. Damit auch die letzten Tränen getrocknet werden können, die der alles andere denn maschinelle, sondern emotionale Novak Djokovic vergießt. Chapeau!

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