Ich kann mich noch gut erinnern, als sich einer meiner liebsten Kollegen darüber lustig machte, weil ich nach dem Gletscherrennen 1997 in Sölden eine größere Story über eine damals völlig unbekannte Kroatin schrieb, die als erste Skiläuferin ihres Sommerurlaubslandes mit einer Nummer jenseits der 70 auf Platz 12 gekurvt war. Als die damals 15jährige einen Monat später in Park City aufs Slalompodest fuhr, wollte er natürlich von mir alles wissen, was ich in Sölden von ihr und ihrem Team-Manager erfahren hatte. Diese vordem Unbekannte wurde dann zur erfolgreichsten olympischen Rennläuferinnen aller Zeiten, zur Mehrfachweltmeisterin und Weltcupsiegerin, die in allen Disziplinen gewann. Sie wissen natürlich, von wem die Rede ist – Janica Kostelic, wie ihr Bruder Ivica, Weltmeister und Weltcupsieger, ein Produkt ihres erfolgsbesessenen Vaters und Trainers Ante Kostelic, vormals nicht Skikanone, sondern Handball-Rekordschütze als Cannes-Legionär.
Wer setzt sich durch? Anna Rauchmann (l.), Zrinka Ljukic als neue Kostelic, Zita Toth (r.) als erste echte Ungarin.
Wie ich auf diese Familie und dieses Thema stoße? Weil sich abzeichnet, dass aus vermeintlich dem Ski- und Schneesport fernen Nationen allmählich neue Spitzenleute dem Establishment aus den alpinen Traditionsländern schon oder demnächst nicht nur im Nacken sitzen, sondern auch auf der Nase herumtanzen. Man denke nur an Alice Robinson, den furchtlosen Kiwi, die schon im Weltcup triumphiert hat. Man denke nur an den britischen Weltklasseläufer Dave Ryding (2. In Kitzbühel) oder den Belgier Marchant, der einige Jahre nach verpatzten OP´s verloren, aber inzwischen so viel aufgeholt hat, dass er zuletzt in Lech unter die Top 16 fuhr. Oder seinen derzeit allerdings verletzten Landsmann, den Halbsalzburger Sam Maes, der einige Junioren-WM-Medaillen gewonnen hat. Man denke nur an die rumänische Ungarin Edit Miklos, die Abfahrts-Olympia-Siebente und drauf und dran war, Weltspitze zu werden, ehe sie mit zerfetztem Knie aufgeben musste.
Das belgisch-salzburgische Hoffnungsduo Sam Maes (l.) u. Armant Marchant. Aexa Elliff heißt das GB-Starlet.
Und wenn die Resultate an Europacup- und kleineren Nebenfronten nicht täuschen, dann kündigen sich inzwischen neue, junge Skisternchen aus Kroatien, aber auch Ungarn an, jawohl Ungarn. Noch hat Zrinka Ljutic aus Zagreb die ganz großen Wunderdinge nicht vollbracht, die sich Kroatien-Manager Vedran Pawlek von ihr erhofft und erwartet, immerhin aber als 16-Jährige schon im Europacup gewonnen. Und obschon Slaloms auf dem Schneedepot-Teppich am Pass Thurn ob Kitzbühel nicht gerade Weltcupformat haben, so muss man trotzdem erst einmal gegen die junge Meute an Nachwuchsleuten aus Österreich, Deutschland, Schweiz, USA etc. gewinnen wie die Ungarin Zita Toth. Da sie am Vortag schon Zweite gewesen war, also nur eins draufgesetzt hat, kann man auch nicht von Eintagsfliege sprechen. Und was für Läufer(inne) jenseits unserer Grenzen gilt, das trifft auch auf uns zu, wo mit dem aus Addis Abeba in Äthiopien stammenden Salzburger Adoptivkind Anna Rauchmann erstmals eine dunkelfarbige ÖSV-Läuferin zumindest im Nachwuchs (siehe Junior Race Kitzbühel, 2. im schweren Riesenslalom) nach den Sternen greift. Am Pass Thurn landete sie im 2. Slalom auf Platz 6.
Dem Skisport kann´s nur guttun und dem neuen FIS-Präsidenten Johan Eliasch mit Wohnsitz auf Meereshöhe in London nur recht sein, wenn immer mehr Läufer(innen) aus immer mehr und nicht nur topografisch bevorzugten Ländern um Siege und Podestplätze fahren. Davon würde mit dem Skisport auch die mit ihm verbundene Wirtschaft profitieren, die ohnehin durch die Pandemie schwer gebeutelt wurde und wird. Und das wäre dann eine alles andere den “exotische” Entwicklung….