Noch ist ja alles Fußball mit letzten Transfers, Champions- und Europa-League, noch haben uns Thiem und Co In Roland Garros in Atem gehalten. Aber schon wirft der nächste Ski-Winter, der hoffentlich doch kommt, seine Schatten voraus mit dem Gletscher-Weltcup in Sölden, der in elf Tagen steigt. Und da stellt sich vor dem Saisonstart mit dem Riesenslalom nach der Seuchen- und Pleitensaison 2019/20 die Frage: Was hat mit dem neuen RTL-Chef Mike Pircher auch seine rechte Hand, der Hirscher-Vater Ferdinand, nach vorzeitigem Weltcupende und Lockdown bei der total verunsicherten Techniker-Truppe bewirkt? Schließlich hat ja der Ferdl, als Retter in der RTL-Not als Spezialtrainer für ein Talente-Duo geholt, bei Patrick Feurstein und Thomas Dorner bewiesen, dass er nicht nur seinem Sohn Marcel mit seinen speziellen Methoden schnelle Beine machen kann.
Ehe aber falsche Hoffnungen mit übertriebenen Erwartungen geweckt werden könnten, werden sie vom schnauzbärtigen Ferdl, Hüttenwirt, Bergführer, Rennläufer i. R., Skilehrer und Skischulleiter, Trainervater und Neo-ÖSV-Trainer, auch gleich wieder gedämpft. „Es ist ja nicht möglich, dass du in kurzer Zeit alles änderst, was schlecht oder gar falsch war“, sagt der Hirscher-Vater, der den auf optimale Technik achtenden Skilehrer in sich nicht verleugnen kann. Darum baut seine und auch die Trainerschule von Michael „Mike“ Pircher auf das Einmaleins des alpinen Skilaufs, die da lautet: Richtige Schwungansetzung, um möglichst schnell in die Falllinie zu kommen da, Harmonisierung von Rechts- und Linksschwüngen dort. „Wir müssen da zumindest einen guten Kompromiss finden !“
Und der soll sich a la longue -zwei Fliegen auf einen Schlag – dann sowohl in schnelleren Zeiten als auch in verhinderten (Knie-)Verletzungen („Falsche Belastung führt zu einem Druck, den kein Knie aushalten kann!“) niederschlagen. Auf Neudeutsch ganz simpel ausgedrückt: Back to the Roots! Aber alles zugleich im Railjet-Tempo eines Skirennläufers. Was sich leichter sagt, als es getan ist. Warum? Weil sich im Laufe der Rennjahre viele Fehl-Automatismen bei dem einen oder anderen aus dem RTL-Team eingeschlichen hätten. Wie bei Roland „Roli“ Leitinger, immerhin RTL-Vizeweltmeister von St. Moritz 2017, dann nicht nur durch Verletzungen zurückgeworfen und eingebremst, aber als Nr. 17 im FIS-Ranking die Nr. 1 unter ÖSV-Läufern. Hirscher: „Er kann sehr schnell sein, das hat er zuletzt auch beim Training im Pitztal gezeigt, aber sein Problem ist halt der Linksschwung, da hapert es!“ Und bei Stefan Brennsteiner, den zwei Kreuzbandrisse beim Aufstieg wie beim Comeback gestoppt haben, „ist es wieder der Rechtsschwung, mit dem er vor allem dann kämpft, wenn das Gelände richtig steil wird.“
Auch beim Junioren-WM-Starlet Raphael Haaser aus der Skiläuferdynastie vom Achsensee, gebe es einige Defizite, was den Schwung betrifft. Dennoch habe Haaser vorerst im Training („Wir waren auch dreimal in Saas Fee“) angedeutet, welch Potenzial in ihm steckt. Gerade am Beispiel junger Talente hebt der Hirscher-Papa den warnenden Finger. „Man tut den Jungen nichts Gutes, wenn man sie schon verwöhnt, weil sie Schülermeister geworden sind. Der Übergang von Junioren-Rennen und vom Europacup zum Weltcup ist ganz, ganz schwer. Auch Marcel hat nicht nur von seinem Talent gelebt – wir haben über die Jahre hinweg sehr, sehr hart gearbeitet!“ Andersrum: Auch Skisterne fallen nicht vom Himmel.
Was seinen talentierten Schützling Patrick Feurstein betrifft, so würden den Vorarlberger keine Schwungdefizite, sondern Gesundheitsprobleme plagen. „Er hat ständig Kopfweh, aber die Untersuchungen haben zum Glück nichts ergeben…“ Abwarten, wie gut es dennoch für Feurstein, der in Adelboden und mit Europacup-Topresultaten aufgezeigt hat, und die anderen, von Roli Leitinger angeführten Sölden-Kandidaten läuft, wenn bei den Zeitläufen ab Freitag die Uhr tickt. Und von wem Pircher und Hirscher am ehesten erwarten dürfen, dass er oder noch besser die Mehrzahl sie der Krise die Fersen, Pardon: Skienden zeigen – und zumindest in die Top 10 carven. Als wichtiger, richtiger (Schwung)Ansatz, dass Rotweißrot nach Talfahrten mit einer Trendumkehr doch noch und wieder die Kurve kriegt…