Hurra, hurra, wir sind endlich wieder dort angelangt, wo wir schon einmal vor 50 Jahren waren – beim kalten Krieg auch im Sport! Wir, die wir im vermeintlich noch kapitalistisch- demokratischen Westen daheim sind, prügeln sie nicht nur, sondern schließen gleich all unsere Feinde aus Ost und Fernost aus, die ja wie gehabt nur das Schlimmste und Allerschlimmste auf der Welt in ihrem Sinn haben. Ja, wenn sogar unsere Tennis-Intelligenzbestie Andrea Petkovic gegen den landsmännischen IOC-Präsidenten Thomas Bach vom Leder zieht, weil er sich mit dem Video-Gespräch mit dem – übrigens nicht mehr aktiven, sondern pensionierten – Tennis-Altstar Peng Shuai zum Kommilitonen der Chinesen macht, dann….? Ja, dann muss die Damen-Profi-Organisation WTA natürlich sofort durchgreifen, um alle Turniere in China abzusagen. Ja, so was nenn ich Prinzipientreue und Mut zur Courage, gell? Aber wer ist, wenn´s die hochdotierten Damen- und demnächst wohl auch Turniere der Herren im reichen Reich der Mitte nimmer gibt, dann der wahre Leidtragende? Die chinesische Führung? Die ihr genehmen chinesischen Millionäre oder gar Milliardäre, die viel Geld in den Sport pumpen? Denen wird das so wurscht sein wie ein Radl, das – in Peking umfällt! Also Fehlanzeige …
Nein, nein, für die „Petko-Tänzerin“ als Auslaufmodell ist´s natürlich nicht relevant, aber viele andere Topspielerinnen und vor allem jene, die sich erst unterwegs zur Spitze befinden, werden ohne diese auch für sie wichtigen Millionen-Turniere eher durch die Finger schauen. Schließlich kann ich mir kaum vorstellen, dass sich in Pandemie-Zeiten wie diesen im Handumdrehen/aufhalten neue potente Geldgeber aus anderen Ländern/Erteilen darum streiten, die chinesischen Löcher stopfen zu dürfen. Es sei denn, man geht als Alternative zu den Saudis oder in die arabischen Emirate, wo ja vor allem die Freiheit für die Frauen mittlerweile ungeahnte Ausmaße erreicht, oder sollte ich mich da irren … ?
Ja, wir, die guten Menschen aus dem noch viel besseren Westen machen reinen Herzens und Gewissens reinen Tisch – und im Vorbeigehen geben wir, wenn´s ihre irgendeine Gelegenheit gibt, den sowieso bösen Putin-Russen noch ein paar Watschen mit, weil ja bekanntlich nicht sein kann, was nicht sein darf, auch wenn die Infos aus erster Hand stammen. Am liebsten, glauben Sie mir, wäre es unseren charaktervollen, prinzipien-treuen Ehrenmenschen, möglichst laut die Trommeln für eine Absage der Olympischen Peking-Winterspiele 2022 zu rühren, bis man den Wunsch womöglich fünf vor Zwölf noch in Wirklichkeit verwandeln kann. Einmal Peking und zwar im Sommer, war schon des Guten zu viel…
Man merkt irgendwie die Absicht und ist auch verstimmt, kann aber gegen diesen heuchlerischen, mit Menschenwürde, Freiheit und Demokratie vorgeschützten veröffentlichten und damit der Öffentlichkeit so vermittelten Mainstream nicht schwimmen. Als deklarierter Antikommunist mit Post-World-War-II-Russenphobie kommt mir vor, als würde da ganz bewusst und geradezu genüsslich daran gewerkt, die Vergangenheit der Nachkriegszeit mit Gut gegen Böse, West gegen Ost und Fernost (damals noch kein Thema), Amerika und EU gegen Putin und Xi wieder aufleben zu lassen. Zumindest wird man das Gefühl nicht los, dass man uns das hierzulande von höherer Warte so einimpfen möchte.
Wohin diese auf Konfrontation statt Dialog aufgebaute Sportschiene womöglich führt, wird sich noch weisen. Ich als simpler Mensch und einfacher Geist bin in meiner Naivität immer noch überzeugt, dass die Leute in der Regel durchs Reden zusammenkommen, aber nicht durchs Aussperren oder Zusperren, um wen was und warum es sich handelt. Vielleicht wär´s g´scheiter, sich der Pingpong-Diplomatie in den frühen siebziger Jahre zu erinnern, mit der der damalige US-Präsident Richard Nixon mit seinem (deutschen) Außenminister und Fürth-Fußball-Fan Henry Kissinger die chinesische Mao-Mauer eingerissen hat. Aber damit erst die Basis gelegt haben, dass aus China die Weltmacht von heute wurde, der man jetzt mit Entzug von Tennis-Frauenturnieren den Herrn zeigt…