Er war zwar nicht der Kapitän der einzigen Weltmeistermannschaft, die der einstige Lehrmeister England je hatte, aber er drückte ihr über Jahre hinweg als Lenker und Denker ebenso wie Manchester United im Klub seinen Stempel auf. Ehe ihn Queen Elizabeth als Sir adeln sollte, gehörte Bobby Charlton längst zum Fußballadel als Kicker, der die personifizierte Antwort auf „kick and rush“ war. Ein hervorragender Techniker, aber auch eine Laufmaschine und ein Torschütze, kurzum: ein Universalgenie wie Real-Superstar Alfredo di Stefano, alles andere denn so holzgeschnitzt wie sein älterer Bruder Jacky, 1966 der Abwehrchef Englands. Jetzt ist Bobby Charlton tot, gestorben im hohen Alter von 86 Jahren.
Dass aus ihm ein großer, gefeierter Star schlüpfen würde, grenzte fast an ein Wunder. Der Jung-Twen Bobby war eines der großen Talente von Manchester United, die den Flugzeugabsturz von München anno 1958 überlebt hatten, dem Tod mit Schnittverletzungen im Gesicht und mit schwerem Schock entkommen. Wie er als einer der (Matt) Busby-Babes das verdrängt und bewältigt hat, darüber hat er sich nie geäußert. Ich habe das Glück und Privileg gehabt, die Mischung aus Fußballkünstler und Kampfmaschine vor 22 Jahren beim zweiten und letzten World Sports Award von Hubert Neuper in der Londoner Royal Albert Hall persönlich kennenzulernen
Nicht zuletzt deshalb, weil ich in Gesellschaft jenes legendäre Wembley-Toni-Fritsch war, der 1965 mit seinen zwei Toren zum 3:2-Sensationssieg Österreichs den Briten um die Charlton-Brüder und Captain Bobby Moore mehr als nur einen Schreck bereitet hatte. Ja, er war ein Sir, die Freundlichkeit in Person, alles andere denn hochnäsig oder arrogant, sondern Mensch. Ein außergewöhnlicher Mensch mit unglaublichen sportlichen Fähigkeiten.
Im Jahr, als er Weltmeister mit England wurde, wählte man ihn als „Mastermind“ dieses einmaligen Triumphes zu Europas Fußballer des Jahres. Und welch Kaliber dieser Fußball-Sir war, das dokumentiert die Statistik seiner tollen Karriere, in der er fast nur für die Red Devils spielte, bevor er als Spielertrainer von 1973 bis 1975 zu Preston North End ging.
Obwohl er kein Torjäger war, schoss er in 606 Spielen nicht weniger als 199 Tore, also fast in jedem dritten Match eines, im englischen Team war sein Schnitt noch viel spektakulärer – 49 Tore in 106 Länderspielen! Erst Wayne Rooney löste Bobby vor acht Jahren ab! Ein Mann vom alten Schlag auch als Familienmensch, der nicht weniger als 62 Jahre mit einer Frau Norma verheiratet war. Eine legendäre Figur und Person des englischen wie des Weltfußballs, die um einen der ganz Großen der Branche trauert.