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Nachruf auf Boris Zenow, den eigenwilligen Schwimmtrainer

Viele Junge kannten ihn nur noch vom Hörensagen. Älteren Semestern, die sich mit Schwimmsport befassen, war er seit Jahrzehnten ein Begriff. In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist Boris Zenow für immer eingeschlafen, als 82jähriger verstorben. Der kleine, drahtige Zenow war nicht nur ein Trainer vom alten Schlag, er war auch ein Coach, den seine Heimat Ukraine, bis zur Wende ein Teil des Sowjetsystems, geprägt hat. Mit dem russischen Goldschmied Sergej Waizechowskj war er vom Schwimmverband nach Österreich und in die Südstadt geholt worden, erst als Assistent, danach als Nationaltrainer, der größten Wert auf sowohl technische als auch aerobe Ausbildung legte – und von Schwimmern sowohl Härte gegen sich als auch Selbstdisziplin verlangte.

Ich werd´ nie vergessen, wie Zenow bei einem Schwimm-Meeting in Barcelona mit überzeichnenden Gesten und in radebrechendem Deutsch den Unterschied zwischen aus seiner Sicht verwöhnten jungen Österreichern und aus ärmlichen Verhältnissen kommenden, aber vom Erfolgshunger getriebenen  Ostblockschwimmern darstellte: „Sportler aus Ost mit ein oder zwei Sporttasche gehen zu Fuß von Hotel zu Schwimmbad – viele, nicht alle Österreicher, aber stehen müde vor Hotel und winken mit Hand: Taxi bitte…“ Meine Wenigkeit und ein alter, jüngerer Kollege jedenfalls kamen angesichts dieses Slapsticks aus dem Lachen kaum heraus. Es steckte mehr als nur ein Körnchen Wahrheit drin.

Ja, so war er, der Boris Zenow, der sein Handwerk in der Sowjetunion gelernt hatte. Im Gegensatz zu seinem profunden Trainerwissen stand er mit Deutsch stets auf Kriegsfuß. Nicht immer fand er für junge SportlerInnen die richtigen Worte – oder jene, die sie erhofft hatten. Die eine oder der andere kam mit ihm nicht klar, aber von seiner exzellenten Grundausbildung profitierten viele SchwimmerInnen, die Titel holten, Limits schwammen, sich für Großereignisse qualifizierten. Hätte er hierzulande unter ähnlichen Voraussetzungen wie in seiner alten Heimat arbeiten können, wer weiß, ob er nicht noch größere Erfolge hätte einheimsen können. Schließlich sei daran erinnert, dass der junge Trainer Zenow bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal, angeführt von Marina Koshevaja, alle drei Medaillengewinnerinnen über 200m Brust betreut hatte. Ein viel besseres Zeugnis kann sich ein Trainer kaum ausstellen.

Hierzulande hatte Zenow , wie schon erwähnt, mehr und größere Anpassungsprobleme, auch dann noch, als er schon mehr als zehn Jahre im Lande lebte. Nicht der Herzinfarkt, den er überstanden hat, brach ihm das Herz – vielmehr litt er darunter, dass man ihm von der Spitze abgezogen und zu den Schwimmkindern abkommandiert hatte. Das hat er in Wahrheit nie verwunden. Mag sein, dass es auch zur Krebserkrankung beigetragen hat, gegen die Zenow den letzten Kampf verlor. Er hatte sich stets im Hintergrund gehalten. Er hat´s verdient, dass sein Andenken hochgehalten wird. Und sein Vermächtnis an Jüngere weitergegeben…

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