Vor mehr als zehn Jahren schwebte Oliver Glasner zwischen Leben und Tod, musste ein Blutgerinnsel im Gehirn in einer Notoperation entfernt werden – ohne annähernd so großer medialen Anteilnahme im gleichen Spital in Kopenhagen, in dem bei der Euro 2021 der reanimierte dänische Star Eriksen nach seinem dramatischen Herzstillstand eingeliefert und behandelt worden war! Anders als bei Eriksen, der inzwischen nicht mehr in Italien, sondern sogar in der Premiere League (mit Defibrillator) wieder spielt, als wäre nichts gewesen, musste Ried-Stürmer Glasner damals seine Karriere beenden, um Trainer zu werden.
Anders als andere Lautsprecher, nicht nur, aber auch unter heimischen Kollegen, vollzog der mittlerweile 48jährige Oberösterreicher aus Salzburg seinen unaufhaltsamen Aufstieg von Ried über LASK, Wolfsburg bis zur Frankfurter Eintracht sozusagen auf leisen Sohlen. So unaufgeregt, so distanziert und bescheiden, dass außer Insidern die wenigsten mitbekommen hatten, dass der seines Wesens wegen vielerorts unterschätzte Glasner mit dem Europa-League-Triumph der Eintracht gleichsam lautlos in den Trainer-Olymp aufgestiegen war – als erst dritter Österreicher zwar nicht im Meistercup oder in der Champions League, aber in einem Europapokal, in dem die vermeintlichen Frankfurt Würstchen dem FC Barcelona sogar im Nou Camp das Maul (3:0) stopften!
Normal müsste man ja sagen, dass er da ganz oben thront in Gesellschaft des ungarisch-wienerischen Originals Bela Guttmann (Benfica 1961/62), den noch der jüdische Schmäh aus der k. und k.- Zeit geprägt hat, und des ewig grantelnden Ernst Happel (Hamburger SV 1983), des „Wödmasters“ mit beißendem Humor und goldenem Wiener Herz. Aber nein, nein – ein Oliver Glasner, der irgendwie einem personifizierten Understatement gleicht, würde sich selbst nie derart darstellen oder überhöhen, weil er sich offensichtlich bei aller Autorität nur als „primus Inter pares“ (Erster unter Gleichen) fühlt – als wichtigstes Bindeglied zur Mannschaft und zu Spielern wie dem kurzfristigen Ex-Bayern und Kapitän Sebastian Rode, dessen Herz für Eintracht schlägt und der sich ohne Rücksicht auf Verluste die Lunge für Frankfurt aus dem Leibe rennt.
Alle für einen, einer für alle, das macht diese Frankfurter unter einem Oliver Glasner so stark oder noch stärker als zu Zeiten, als Einfädler oder Torjäger wie Rebic, Kostic, Silva und Jovejlic, aber auch ein Turm in der Abwehrschlacht von Format wie Martin Hinteregger spielten! Und wäre nicht Glasner, hätte der Trainer im Augenblick des historischen Aufstiegs eines Champions-League-Neulings aus einer Hammer-Gruppe (Tottenham, Marseille, Sporting Lissabon) ins Achtelfinale des Millionenspiels nicht ein (auch von der FAZ als Titel gewähltes) Wort in den Mund genommen: „Ein Wahnsinn – ja, es ist ein Wahnsinn, was die Spieler immer wieder leisten, wie sie immer wieder auch mit Rückschlägen umgehen!“ Erst die Mannschaft, dann kommt einer wie er, der selbst dem Tod entkommen war.
Totgesagte leben ja, wie der Volksmund meint, länger. Auch sportlich-spielerisch. Zur Pause schien´s schon, als wären die Frankfurter in Lissabon weg vom Fenster, da sie mit dem 0:1 noch gut bedient gewesen waren. Aber abgerechnet wird immer am Schluss. Und das gilt nicht nur, aber vor allem im Europapokal welchen Namens immer für die Eintracht aus Frankfurt, erst recht, seit dem erfolgreichen Adi Hütter der noch leisere, aber noch erfolgreichere Oliver Glasner als Trainer gefolgt ist. Auf ihn als Person und Persönlichkeit trifft unausgesprochen ein Motto zu, das einst Berti Vogts als deutscher Teamchef lauthals verkündet hat: Der Star ist die Mannschaft. In aller Eintracht! Darum laufen dieser Truppe ihre Fans zu Abertausenden auch tausende Kilometer weit und lang nach …