Er ist Golfer und nicht Skifahrer oder Tennisspieler. Er ist zwar ein waschechter Wiener, der hier aufwuchs, hier zur Schule ging, hier das Golfen beim eingebürgerter Pro Claude Grenier erlernte, so nebenbei mit meinem Filius, dem Severin, in einer Junioren-Mannschaft spielte, aber dann aufs College in der Mama-Heimat Georgia ging. Andersrum: Aus den Augen, aus dem Sinn. Und da seine bisherigen Glanztaten der Zeit-Verschiebungen wegen stets in die Spätabend- oder gar Nachtzeiten fielen, ist er dem breiten Fußvolk nicht wirklich ein Begriff, ganz abgesehen davon, dass manch einer irrtümlicher Weise meint, er wäre ein Abkömmling des Tennis- und auch Golf-Eventmanagers Herwig Straka, bei dessen Heimturnieren er hingegen immer wieder gespielt hat.
Nur ein Champion wie Sepp Straka konnte das Desaster am fatalen 17. Loch in Sawgrass so gut wegstecken.
Nein, Sepp Straka ist, wenn man so sagen kann, sein eigener Herr und inzwischen unterwegs zu einem Weltstar im Weltsport, der Golf heißt – noch um ein Vielfaches dichter an der Spitze als etwa Tennis, also alles durch oder mal drei. Nach seinem historischen Sieg auf der US-PGA-Tour bei der Honda Classic schaffte der gefühlvolle Kraftmeier beim höchstdotierten aller Turniere, den mit 20 Millionen Dollar dotierten Players Championships, dem „Fifth Major“, als geteilter Neunter wieder ein Top Ten-Resultat. Post festum aber könnte sich unser Austro-amerikanischer Freund am liebsten wohl in den Allerwertesten beißen, hätte er bei Wind und Wetter am ersten, total verregneten Tag nicht nur mit einem, sondern sogar zwei Schlägen ins Wasser gleich deren vier auf dem verflixten 17. Loch verloren – ebendort, wo er sonst nie ein Bogey gespielt hat.
Am Ende lag Straka trotz dieses auch mental fatalen, frustrierenden Missgeschicks bei sieben unter Par, er hätte also die Faust im Nacken des oder der Führenden sein können am finalen Montag. Hättiwari. Also Konjunktiv, der höchstens tröstet, aber nicht hilft. Man könnte diese Spekulation – und grundsätzlich bin ich kein Freund von zu euphorischen Hochrechnungen – aber auch als Vorschuss für weitere historische Erfolge nehmen, die er ganz sicher im Visier hat. Wie den ersten Top-10-Platz eines Österreichers bei einem der vier Majors, die jahreszeitlich um Ostern mit dem US-Masters in Augusta in Georgia beginnen, der Heimat seiner Mutter, die den Herrn Architekten-Papa aus der Wiener Innen-Stadt als Verkäuferin bei einem Turnier im Salzburger Gut Altentann einst kennengelernt hatte. So klein kann die große Welt sein, wenn sich Golfer irgendwo begegnen …
Zwillinge Sam (l.) und Sepp spielten auch Fußball, ehe sich Sepp für Golf gold- und geldrichtig für Profigolf entschied.
Auch wenn er mit einem Desaster an einem einzigen Loch die Top drei in Ponte Vedra verpasst hat – es sind wieder kleine Meilensteine einer Karriere, in der es Schlag für Schlag, Schritt für Schritt bergauf gegangen ist. Sepp Straka hat jetzt Bernd Wiesberger (71) in der offiziellen Weltrangliste als bester Österreicher mit Rang 69 abgelöst, als Zwölfter im FedEx-Cup-Ranking der US-PGA-Tour ist er so weit wie nie zuvor – und unter den Top 10 bei einem verkappten Major-Turnier (Grand-Slam im Tennis) war vor ihm auch noch nie ein österreichischer Golfer (Wiesberger 12., bzw. Brier, British Open, 12.). Und was die Kassa betrifft, so hat sie auch in Sawgrass, Ponte Vedra, ganz schön geklingelt mit schlichten 525 000 Dollar, allerdings brutto, die er einstreifen durfte. Damit klopft er im US-Prize-Money-Ranking als Elfter mit 2,421,51 Millionen Dollar seit Jahresbeginn schon ganz schön laut an den Top 10 an.
Lauter tolle Zahlen, lauter imposante Ziffern, die uns da mit Straka begegnen. Balsam auf die olympische Wunde, dass er als Führender nach dem ersten Tag am Ende nur knapp eine historische Bronzemedaille (10.) verpasst, aber letztlich die richtigen Konsequenzen aus Fehlern gezogen hat. Und zudem sei erwähnt, dass Straka mit Matthias Schwab, der ebenfalls durch die US-Golfschule (Vanderbilt-University) gegangen ist, nicht nur der Österreich-Pass freundschaftlich verbindet. Getrennt marschieren, vereint schlagen, so lautet das rotweißrote Golf-Erfolgsrezept, mit dem wir aktuell den großen und an Tradition weit älteren Golf-Bruder Deutschland ziemlich weit hinter uns lassen. Und in wie vielen Sportarten abseits vom Skisport können wir das schon sagen. Auch dafür ist auch dem Sepp zu danken, über den und seinen Bruder Sam ich vor 14 Jahren im „Presse“-Golfmagazin eine schöne Story unter dem Titel: Brüderlein fein verfassen durfte. Damals hat er noch Tiger und Co. angehimmelt. Jetzt ist er selbst in der Beletage angekommen.