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Ski-Napoleon, Goldregen und Neidgenossenschaft

Gäb´s einen Oscar für filmreife Medaillenproduktionen bei den diversen Ski-Weltmeisterschaften dieses Winters, der Entertainer würde das Kuvert öffnen, kurz innehalten, den Satz der Sätze sprechen …and the winner is …, um schließlich das offene Geheimnis zu verraten, das lautet: Austria, Österreich. Und wer Ski und Österreich sagt, der meint damit auch zum Entsetzen seiner vielen Gegner, nein: Feinde, den umtriebigen, mitunter für TV-Interviews omnipräsenten ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel. Ein Ski-Napoleon, an dem sich Geister scheiden, vielleicht nicht der allseits beliebteste, dafür lautstärkste, um nicht zu sagen: vorlautetste, aber auch erfolgreichste aller heimischen Sportfunktionäre. Summa summarum haben ÖSV-Athleten in dieser, von Tests, Verschiebungen, Absagen und Geisterrennen geprägten, schneereichsten, aber schwierigsten Saisonen ein Dutzend an WM-Goldmedaillen geholt und – muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – mehr als 20 Medaillen bei Alpinen, Nordischen, Biathlon, Snowboard!

Das setzt der 30jährigen Regentschaft des mit einem natürlichen Instinkt für Gewinnoptimierung ausgestatteten Werbe-Gurus, aus dem ein 1989 designierter und 1990 gewählter ÖSV-Präsident schlüpfte, die finale Krone auf. Gut gebrüllt, alter Löwe, der im Juni – so sagt er und so heißt es – die Ski-Bühne verlässt, um einen Monat später in alter Frische oder frischer Präsidenten-Pension seinen Achtziger zu feiern, wenn wieder möglich, dann sicher wie gehabt in seinem Refugium im immer noch wilden Westen von Kanada an einem See. Aber nicht nur deshalb frisst viele der gelernten Vereinsmeier und Verbandsgenossen der Neid – noch viel mehr ist´s der große Respekt, aber auch der enorme Einfluss, den sich der kleine, große Ski-Napoleon in seiner 30-jährigen Ära voll Gold, Titeln, Kugeln, Medaillen, aber auch von Abertausenden an Fans besuchten, bestens organisierten Weltmeisterschaften und Weltcups – zuletzt einigen, die kurzfristig von Corona-Absagen betroffen waren – verschafft hat.

Schröcksnadel hier, Schröcksi da, auch wenn´s nicht Winter-, sondern Sommersport ist – kein Wunder, dass er sich als Macher, wenn nicht Mensch, der kraft seiner Macht immer wieder entschieden hat, die immerwährende Feindschaft vor allem provinziell gestrickter, oft subalternen, mitunter sogar vom Staat bezahlter Bürokraten oder Apparatschiks zuzog. Anders als viele dieser Neidgenossen, deren Organisationen ohne Förderungen kaum von der Hand in den Mund leben könnten, hat es der von Unternehmergeist und Profi(t)-Denken determinierte Schröcksnadel geschafft, das magere 38-Millionen-Schilling-Budget des Skiverbandes anno 1990 auch dank seiner Verbindungen und Verträge in einen etwa 50-Millionen-Euro-Jahreshaushalt zu verwandeln, jawohl zu verzehnfachen! Wobei 95 Prozent nicht vom Staat kommen, sondern von der Wirtschaft (auch staatsnaher Konzerne, das sei der Ordnung halber erwähnt).

Und der Ordnung halber sei erwähnt, dass einer wie Schröcksnadel, der nicht nur im Skisport mitmischt, aber auch einer, der nicht nur bei Schönwetter erste Reihe steht, sondern auch in schlechteren Zeiten, selbstverständlicher Fehler macht und manch Fehlentscheidung trifft, die womöglich noch mehr Erfolge verhindert oder Titel gekostet hat. Da möchte ich anmerken, dass ich in meinem Blog einige solcher personeller Missgriffe angesprochen habe, die es zu korrigieren gilt. Trotzdem: Mehr als 20 WM-Medaillen, davon ein Dutzend an Gold, sind aber als Finale furioso der Schröcksnadel-Präsidentschaft einerseits ein überwältigender Leistungsausweis, für seine Nachfolger-Generation, wer immer sie anführt, aber auch eine schwere Last und große Herausforderung. Sowohl sportlich als auch wirtschaftlich, also was Gold und was Geld betrifft. Abwarten, wie gut die Schröcksi-Epigonen diesen Millionen-Spagat schaffen. 

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