Allgemein

Ski-Pleiten der RTL-Damen oder: Warten auf Godot

Als Sport-Interessierter kennen Sie, verehrter Blog-Leser, ja ganz sicher Roman Abrawowitsch, den russischen Oligarchen, der de Fußballklub Chelsea besitzt und auch schupft. Jetzt, da Chelsea im Mittelmaß zu versumpfen droht, hat der Milliardär den Macher hervorgekehrt – und mit Frank Lampard einen Chelsea-Ikone als immer erfolgloseren Trainer vor die Tür gesetzt. Abrawowitsch hat sich auf kein russisches Roulette eingelassen, sondern Nägel mit Köpfen gemacht, um mit dem in Paris geschassten Thomas Tuchel als neuen Mann, mit frischem Wind und anderen Strategien um und mit teuren, im Sommer erst verpflichteten Millionenspielern eine Trendwende zu erzielen. Frei nach einem zynischen Geschäftsprinzip: Abfertigungen sind die besten Startinvestitionen.

Lampard weg, Tuchel her, da hat´s natürlich gerauscht nicht nur an der Londoner Fleet Street im englischen Blätterwald, sondern auch beim Nachbarn und bei uns als verlängerten TV-Arm. Schließlich sind ja jetzt mit dem Headcoach (in England Manager) noch mehr deutsche Stars (Tuchel, Werner, Havertz, Rüdiger) involviert – und ich bin mir sicher, dass die Medien jetzt die Chelsea-Entwicklung (oder womöglich Stagnation, wer weiß das schon) erst recht in ihr Visier und auch Tuchel ins Kreuzverhör nehmen. Schafft der Zweimeter-Mann den Turnaroud ja oder nein, das ist die Preisfrage, um die es bei Chelsea geht. Und um Erfolge und Qualifikationen, die auf dem Spiele stehen, damit sie den Abermillionen-Einsatz von Abrawowitsch rechtfertigen.

Der Fußball-Oligarch hat gehandelt – was aber unser Damen-Ski-Team speziell in der Grund- und Kerndisziplin Riesenslalom betrifft, stolpert es von einem Debakel ins nächste, ohne dass es Konsequenzen für Pannen, Pech und Pleiten am RTL-Fließband gäbe. Mit Platz 15 als „Topresultat“ fing die verpatzte Riesenslalom-Saison in Sölden an, auf dem selektiven Hang in Kronplatz in Südtirol knüpften die Ski-Damen wie bei den meisten anderen Rennen mit ganz wenigen Mini-Ausreißern nach oben daran ab. Dass es so kommen würde, wie es dann kam, hätte jeder Ski-Laie schon beim TV-Lokalaugenschein angesichts der unübersehbaren Fahrfehler der rotweißroten Riege feststellen und vorhersagen können.

Wie aber erklärte der Damen-Cheftrainer im ORF-Fernsehen die technischen Defizite? „Es fehlt das Selbstverständnis, wir sind aber von Platz 15 bis 20 gut gestaffelt dabei!“ Das muss man sich auf den Mund zergehen lassen! Die Skination Nr. 1 mit ehemaligen RTL-Weltcupsiegerinnen wie Eva Maria Brem (6,61 Rückstand in einem Lauf ohne gravierenden Fehler) begnügt sich so Mir-nix-Dir-nix damit, dass sie gestaffelt von 15 bis 20 klassiert ist, dass sie von einem Kiwi-Girl, einer Polin, Skandinavierinnen, Sloweninnen, ganz zu schweigen von Italienerinnen und Schweizerinnen nach Strich und Faden abgehängt werden. Na ja, wenn das Selbstverständnis fehlt, dann … ja, dann sind wir bei Samuel Beckett angelangt und seinem klassischen Stück: Warten auf Godot.

Aber angesichts der sonstigen Investitionen, die der ÖSV auch dank des Einsatzes seines Präsidenten getätigt hat, um den Skiweltcup als TV-Rennsport am Leben zu erhalten, scheint nur noch wenig übrig zu sein im Sparstrumpf für dringend nötige Abfertigungen. Wer anderswo der richtige Mann am richtigen Platz war, der kann hierzulande womöglich der falsche Mann am richtigen Platz sein. Alles eine Frage, ob das Puzzle auch stimmt oder Rundes und Eckiges halt nicht zusammenpassen. Das hat mit Selbstverständnis nichts zu tun, sondern mit Selbst-, und wenn nicht, dann mit Fremderkenntnis und/oder Chefsache. Wenn Dinge in die verkehrte Richtung laufen, muss man mit allen Mitteln versuchen, sie wieder einzufangen. Was beim Fußball ja alltäglich, nein; von oft zu kritischen Medien sogar gefordert wird, sprich: fliegender Trainerwechsel, um zu retten, was zu retten ist, das muss auch beim Skilauf möglich sein. Wie wir wissen, sind gerade im Sport Verträge meistens dazu da, im Ernst- bzw. Freien Fall gebrochen zu werden. Aber dazu muss dazu nur die Chelsea-Ikone Lampard fragen – und Tuchel, der das schon hinter sich gehabt hatte… 

Zum Kommentieren hier klicken

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Meist gelesen

To Top

Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen ein angenehmeres Surfen zu ermöglichen