Jetzt, da die Saison nach dem Achtelfinal-Aus von Metz für ihn zu Ende ist, möchte ich mich noch einmal mit dem Auf und Ab unseres ehemaligen Grand-Slam-Siegers und Weltranglistendritten Dominic Thiem beschäftigen, eine trotz Auslandscoach doch ganz österreichische Sache im Gegensatz zu den Salzburg-Bullen im Fußball, die ja aus allen Weltrichtungen kommen.
Auch auf die Gefahr hin wie so oft als Negativist, Pessimist oder gar Nestbeschmutzer abqualifiziert zu werden, möchte ich doch auf die letzten Matches des Niederösterreichers eingehen, in denen uns Thiem mitunter höchstpersönlich demonstrierte, welch Schläge er unter gewissen Voraussetzungen immer noch draufhat, gut gelernt ist schließlich gelernt, mitunter aber auch nur im Konjunktiv, weil halt weder Kopf noch Körper richtig mitspielen.
Nein, nein, das hat nichts mit Körpersprache zu tun, die auch immer wieder ins Gerede gekommen ist im Laufe einer Saison, von der Thiem und sein neues Team ja Anfang des Jahres gehofft hatten, sie würde seine von der fast einjährigen Verletzungszwangspause geprägte Vergangenheit bewältigen und distanzieren. Und jedes Mal, wenn es nach kurzen Lichtblicken dann wieder frustrierende Rückschläge gab, hab ich den fast gebetsmühlenartigen Refrain im Ohr, wie etwa nach den (allerdings stets verlorenen) Duellen mit seinem Lieblingsgriechen Tsitsipas, auf Augenhöhe mit den Besten zu sein. Auf jeden Fall das Positive aus Niederlagen mitzunehmen, um demnächst wieder zuzuschlagen wie in alten Zeiten.
Was aber sind alte Zeiten in neuen Zeiten, in denen die Uhren anders gehen mit und dank der Diadochenkämpfe, die sich mit aller Kraft und Macht hinter dem Unikum namens Djokovic abspielen? Wenn unsereins im ORF-Teletext nachliest, wie der besiegte, also doch nicht so gute Dominic diese Niederlage gegen einen alles andere denn übermächtigen Franzosen Ugo Humbert kommentiert hat, dann kann man sich nur wundern.
Wenn er findet, dass er bei den Turnieren am Ende der Saison erreicht hätte, was er sich vorgenommen hatte, dann frage ich mich, welche Ziele sich dieser zweite heimische Grand-Slam-Sieger als 30-Jähriger noch gesetzt hat oder setzt. Wenn ich sehe, wie sich ein dreifacher Grand-Slam- und zweimaliger Olympiasieger wie der 35jährige Andy Murray nach drei oder mehr Hüft-Operationen unter die Top 50 zurück gekämpft hat, wenn man schaut, wie schnell der 27jährige Alexander Zverev nach der schweren Fußverletzung und neun Monaten langer Pause wieder Top 10 und ATP-Finalist geworden ist, dann degradiert das die Thiem-Aussagen fast schon zum Lächerlichen.
Ich fürchte, dass sich Thiem samt Team in den Sack lügen statt in aller Ehrlichkeit in den Spiegel zu <schauen, in einen echten und keinen Zerrspiegel, den sie selbst mit einer zumindest wohlgesinnten, nicht wohlmeinenden medialen Lobby aufgebaut haben. So toll die alten Erfolge auch sind, so großartig seine früheren Leistungen, so verständlich damals die Jubelstürme und Lobeshymnen, im Sport im Allgemeinen und Spitzensport im Besonderen zählen Ergebnisse hier und heute. Und die Jahresbilanz bei den ATP-Turnieren inklusive Challenger) fällt bei Thiem(inho) halt so aus: 24 Siege, 28 Niederlagen, 0:7 in Duellen mit Top-10-Leuten, 11:16 i Tiebreaks, 0:2 in 5-Satz-Partien, 0:1 in einem Finale (Kitzbühel gegen Baez). Wer darin einen Fortschritt sieht, der kann sich nur etwas vormachen.
Vielleicht sollte sich Thiem ein (Muster)-Beispiel an seinem Stallkollegen Sebastian Ofner nehmen, der mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln auch in Sofia wieder ein Match umgedreht, gewonnen, das Viertelfinale erreicht und inklusive Challenger, die er als Sprungbrett benützt hat, eine S/N-Statistik von 48:26 aufzuweisen hat, das Achtelfinale der French Open als Highlight 2023. Und auch damit bis an die Schwelle der Top 40 vorgestoßen ist. Beide und beides gesehen, kein Vergleich. Ein positives Gegenbeispiel, ganz ohne negativen Beigeschmack Was wiegt, das hat´s. Ohne Wenn und Aber!