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Vom abservierten Thiem, der keine Maschine sein will

Es ist passiert, von dem eine Mehrheit an Tennis- und Sportfans nicht gedacht hätten, dass es geschehen würde: Dominic Thiem, unser Vorzeige-Sportler des Jahres, US-Open-Sieger und Vorjahrsfinalist in Melbourne, ist als Nr. 3 der Welt schon im Achtelfinale gescheitert. Nicht nur ausgeschieden, sondern mit einem „Bagel“, der Höchststrafe im dritten Satz abserviert von der Nr. 18 der Welt, dem Bulgaren Grigor Dimitrow. Ja, darf denn das wahr sein, dass einer, der sonst immer Matches wie beim ersten Grand-Slam-Turniersieg gegen Zwerew, wie zuletzt gegen Kyrgios, derart erbärmlich eingeht, sich fast widerstandslos ergibt, ohne dass man außer einer negativen Körpersprache andere Anzeichen von Verletzungen sieht?

Natürlich wurde auch Sieger Dimitrow darauf angesprochen und natürlich betonte der Bulgare, dass er diesen gegnerischen Schwachpunkt mitbekommen habe, sich aber keinen Deut darum geschert habe, sondern stolz darauf sei, seinen Matchplan knallhart durchgezogen zu haben. Und bei aller Enttäuschung, dass Thiem für unsere Tennisfans, unsere patriotische Seele und euphorische TV-Kommentatoren – na Servus muss man da leider sagen – nicht gehalten hat, was wir/sie uns von ihm erhofft hatte, sei an einige Fakten erinnert: Dimitrow mag zwar derzeit nur die Nr. 18 sein, aber er war auch schon, wie Thiem aktuell, nicht nur die Nr. 3 der Tenniswelt, er hat zwar anders als Domi noch keinen Grand-Slam-Titel auf dem Konto, war aber schon ATP-Weltmeister – und er hat auf Hardcourt seit vier oder fünf Jahren gegen Thiem nicht mehr verloren, sondern die letzten drei Duelle allesamt gewonnen. Das sei denen, die so gerne alle Statistiken und Bilanzen hervorkramen, auch noch in Erinnerung gerufen.

Ohne näher auf seine in jeder Hinsicht matte Vorstellung und den müden Eindruck einzugehen, hat Achtelfinal-Verlierer Thiem einen ganz wichtigen Satz gesagt. „Ich bin“, hat er betont, „ein Tennisspieler und keine Maschine!“ Also kein Kunst- oder Hi-Tech-Produkt, wo man oben was reinwirft und unten kommt das gewünschte Ergebnis raus wie (s)eine Red-Bull-Dose. Wer weiß, wie sehr diese ganz „Bubble“-Situation an ihm nagt? Wer weiß, was ihm deshalb alles an Training, Kraft und Konzentration fehlt, um binnen zwei Tagen einen zweiten Best-of-Five-Krimi zu gewinnen? Und wer weiß denn wirklich, wie sehr es ihm mental belastet, dass es jetzt ganz sicher vor Gericht zum verbal-juristischen Schlagabtausch mit seinem langjährigen, im Streit geschiedenen Tennis-Ziehvater Günter Bresnik kommt?

Nicht nur Siege haben, wie es so schön heißt, mehr als nur einen Vater, das gilt auch für vermeintlich überraschende Niederlagen, die gerade am Beispiel seines Bezwingers nach An-/Durchsicht der Fakten so überraschend gar nicht sind. Aber eines traue ich mir zu propezeien, ohne mich weit nach vorn zu wagen – ein solcher Universalkönner wie “Dominator“ Thiem wird aus diesem Rückschlag in Down Under ganz sicher nicht geschwächt, sondern gestärkt hervorgehen. Und irgendwann dann als zweiter Österreicher nach „Tominator“ Muster auch die Nr. 1 im Tennis werden. Alle großen Sieger haben stets aus Niederlagen gelernt nicht nur im Tennis.Auch deshalb, weil sie Menschen sind und keine Maschinen.

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