Natürlich haben die Spiele erst begonnen, natürlich haben unsere Sportler: Innen noch Chancen über Chancen, die eine oder andere Medaille zu gewinnen. Aber schon die ersten beiden Tage in Paris haben auch gezeigt, wie schnell höhere Gewalt die schönsten Hochrechnungen und berechtigen Hoffnungen durchkreuzen kann, davon kann einer wie der glücklose, erkrankte Felix Auböck, der Weltmeister war und Europameister ist, ein (Klage) Lied singen. Von solch Imponderabilien abgesehen hat uns schon der Auftakt einen Spiegel vorgehalten, dass Olympische Spiele wie der Fußballpokal ihre eigenen Gesetze haben, gegen die alljährliche Welt- oder Europameistershaften, aber auch Weltcups und Topmeetings nur Kinderspiele sind.
Wer dann oder wann einmal ins Volle getroffen hat bei speziellen Anlässen, braucht auch einen Schuss Glück und kaltes Blut, um bei Olympia eine Medaille ins Visier nehmen zu können. Pistolen-Amazone Sylvia Steiner hat´s ebenso erfahren wie Martin Strempfl und auch Alexander Schmirl, für den der 10m-Bewerb mit dem Luftgewehr nur Warmup für seine Domäne war, das KK-Dreistellungsmatch, Also stehend, liegend, knieend so gut bei Schuss zu sein, dass er einen Knalleffekt erzeugt, der zum Katalysator für Erfolge wird.
Und Junioren-WM-Gold, Marathon-WM-Titel oder Weltcupsiege im Mountainbike-Cross zählen nichts, wenn es am Tag X heißt: Hic Rhodos, hic salta. Das ist es, was abseits von sensationellen Ausnahmen (a la Kiesenhofer (2021), die ganz Großen ihrer jeweiligen Szenen auszeichnet. Auch wir hatten solche Kapazunder, auch wenn wir uns mehr oder weniger genieren, ihren Namen zu nennen, ganz so, als würden wir sie zumindest medial oder olympisch lebendig begraben. Besonders bemerkenswert in Zeiten wie diesen, da allerlei Andersartiges unter dem Jubel eines Mainstreams in mehr als umstrittene, blasphemische Auslagenstücke verwandelt wird.
Ich bin schon gespannt, ob die internationalen Medien auch eine der sportlichen Überraschungen als historischen Kraftakt wahrnehmen, der er tatsächlich ist. Nicht etwa, dass die serbischen Basketballer, zum Teil in der NBA engagiert, den US-Epigonen des einstigen Dreamteams (1992) anfangs die Stirn boten – nein, nein, es geht um die Basketballer aus dem kriegsgebeutelten, von Hungersnöten geschwächten, mehrheitlich christlichen Südsudan, die bei ihrem Olympiadebüt die höher eingeschätzten Puerto Ricaner mit 90:79 besiegten.
Solche Leistungen unter erschwerten Voraussetzungen halte ich persönlich für weit wertvoller und spektakulärer als die neuerdings wieder (von den Deutschen) ausgepackten Geschichten wie etwa die von Eric the Eel, der in Sydney 2000 selbst Thorpe und Co dien Show gestohlen hatte als Goldfisch im Langsam-Schwimmen, was nichts anderes als ein PR-Gag und Trick war, um potente Sponsoren zu angeln. Ein Jahr später schwamm er bei der Fukuoka-WM die 100m Freistil wie durch ein Wunder um fast eine Minute schneller. Niemand aber hätte es jemals gewagt, den Äquatorialafrikaner, der auch durch List, Lug und Trug auf die Schokoladenseite gefallen war, durch den Kakao zu ziehen. Um das auf den heimischen Sport umzulegen, so könnte der Paris-Spiegel der Realität manch eine der vielen Vorspiegelungen falscher Tatsachen entlarven. Als Kehrseite etwaiger Medaillen, auf die wir als patriotische Sportfans sehnsüchtig hoffen.