Die „Krone“ hat´s dankenswerter Weise vermeldet und damit auch der heutigen Jugend und jüngeren Generation in Erinnerung gerufen. Vor 90 Jahren schlug die Geburtsstunde des ersten, legendären „Wunderteams“ mit einem 5:0-Sieg gegen den vermeintlichen Favoriten Schottland auf der Hohen Warte, damals noch die größte Fußballbühne Wiens, Österreichs und Mitteleuropas. Das Wunder, dem Nicht-mehr-Lehrmeister von der Insel eine Lektion zu erteilen, hatte eine Mannschaft geschafft, die der legendäre Bundeskapitän Hugo Meisl nach Wunsch und Willen der kritischen, schreibenden Zunft mit den Worten aufgestellt hatte: „Da habt´s euer Schmieranski-Team!“
Der Rest ist Geschichte. Fußballgeschichte. Zwölf Spiele lang blieb das Wunderteam unbesiegt, zerlegte die Deutschen (5:0, 6:0), die Ungarn (8:2), die Schweiz (8:1) und wurde erst 1932 im Stadion an der Stamford Bridge in London in einem heldenhaften Kampf von den damals auf der Insel unschlagbaren Engländern mit 3:4 gestoppt. Eine knappe Niederlage, die aber wie ein Sieg gefeiert wurde. Verständlich. Erst ein anderes Wunderteam, jenes der Ungarn mit Puskas, Kocsis, Hidegkuti und Co., entzauberte die daheim unbesiegten Engländer 32 Jahre später mit einem 6:3 in Wembley, dem sie ein 7:1 im Nepstadion von Budapest folgen ließen…
Zurück zur „Schmieranski“-Elf, die für Aufsehen in der damals noch kleineren, überschaubaren Fußballwelt gesorgt hatte. Wunderteam und Hugo Meisl, noch mehr aber Wunderteam und Matthias Sindelar, der Wunderstürmer der Wiener Austria, waren sozusagen eins. Sindelar, der Papierene, weil er körperlos, aber trickreich, sowohl Tore anderer einfädelte als auch selbst schoss. Von ihm, dem ideenreichen Genie profitierte auch das Duo, eigentlich Duett auf der linken Seite, an dem sich auch Radio- Reporterlegende Willi Schmieger begeisterte: „Vogl zu Schall, Schall zu Vogl – Tor!“ Oder umgekehrt. Aber regelmäßige Selbstverständlichkeit. Damals. Verklärte Vergangenheit. Festgehalten in Farbgemälden. Auf SW-Fotos. Und auf alten Filmen in Schwarzweiß.
Matthias Sindelar, der geniale Papierene, und Master Mind Hugo Meisl
Sie waren Helden ihrer Zeit, die nicht mehr erlebten, was kommen sollte wie Hugo Meisl. Die auf tragische Weise ums Leben kamen wie Sindelar. Denen der Krieg mehr oder weniger ein Ende ihrer Karriere bereitete, um deren Glanz und Gloria, aber auch Dreh und Schmäh sich Anekdoten bis heute ranken. Größen aus einer anderen Zeit und anderen Fußballwelt, die sich mit der Gegenwart nicht vergleichen lässt. Sie wissen, wie heutige Abwehrrecken mit „Papierenen“ von ehedem umgehen würden. Sie wissen, mit welch atemberaubenden Tempo heute von Defensive auf Offensive umgeschaltet wird. Sie wissen, mit welch Präzision trotz Schärfe von den Besten ab- und zugespielt wird.
Kurzum, man kann nur bewundern, wie gut ein Wunderteam vor 90 Jahren gespielt hat, aber kein Maßband anlegen. Letztlich waren sie auch insofern „Schmieranskis“, dass sie dem Fußball einen neuen Stempel aufdrückten. Und ihn mit den noch bescheidenen Mitteln, Methoden und Materialien von damals auf eine neue Ebene hoben. Und dabei Spuren hinterließen, die in die Zukunft führten. Was aber einmal war, das kommt so nicht wieder. Es lebt in Erinnerung. Und verklärt Vergangenheit.