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Was Funktionäre sich wünschen, gilt für Simon Bucher, den Mr. Butterfly: Da kannst nur den Hut ziehen!

Wenn die Fußball-WM in unserer Abwesenheit mit einem Traumfinale endet, wenn dabei sogar die Talfahrten unserer verhinderten Skisieger in den Hintergrund rücken, dann dürfen sich die heimischen Schwimmer: Innen nicht wundern oder ärgern, dass sie und die Kurzbahn-WM im fernen Australien medial untergehen. Natürlich gab´s heuer in Melbourne keinen Weltmeister zu bejubeln wie im Vorjahr den England- und vormals US- und Berlin-Legionär Felix Auböck, der die Vorbereitung auf die Langbahn-WM im Sommer 2023 in Japan vorzog. Aber immerhin gab´s beben zwei siebenten Plätzen in Sekundärbewerben wie 100m Lagen noch den tollen 6. Platz des 22jährigen Wahl-Linzers aus Tirol, Simon Bucher, in einer tollen Rekordzeit (49,39) auf der olympischen und Langbahn-WM-Strecke von 100m Schmetterling.

Für Mister Butterfly gab´s in den überregionalen Medien jedenfalls nur ein ziemlich schwaches Echo gemessen an seinen Leistungen in Melbourne – auch im ORF-Teletext halt nur ein paar Zeilen, wenn man das in Relation stellt dazu, dass auf neun Seiten der ganze Raster der Darts-WM mit zwei Migranten-Österreichern zu sehen ist, als wär´s French Open oder Wimbledon mit Thiem. Und dass Buchers WM-Performance nicht mehr wert ist als die Meldung vom verpatzten Pöltl-Comeback bei San Antonio Spurs in der NBA, wirft auch ein bezeichnendes Bild auf den heimischen Stellenwert eines so klassischen Grundsports wie Schwimmen.

Ein Auböck hat Jahre und sogar einen WM-Sieg gebraucht, um sich des Rogan-Syndroms zu entledigen und zumindest dann und wann da und dort als Vorzeigesportler wahrgenommen zu werden. Wie lange Bucher braucht und was er, immerhin auf Kurz- wie Langbahn die Nr. 6 der Welt in einer beinharten Disziplin eines Weltsports alles erreichen muss, ist schwer zu prophezeien. Wenn man aber seine Herkunft, seine Ausbildung und seinen (buchstäblich) zwangsweise erfolgten Fortgang im wahrsten Sinn des Wortes verfolgt, dann muss man vor ihm (wie vor dem WM-Siebenten und Linz-Tiroler Reitshammer und den von Spittal nach Graz gewechselten Klasse-Kraulsprinter Heiko Gigler) den Hut ziehen.

Anders als etwa Kicker, die guter Gagen und Gehälter wegen durch die Lande oder gar Länder in aller Welt ziehen, hat Bucher schon vor zwei Jahren seinen Lebens- und Sportmittelpunkt von Innsbruck nach Linz verlegen müssen, weil es daheim kein 50m-Hallenbecken gibt, das jeder Klasseschwimmer braucht, um bei Olympia, WM oder EM auf Langbahn konkurrenzfähig zu werden oder zu bleiben. Das, werte Blog-Leser, fällt manch einem/einer, aber auch seiner/ihrer Familie viel schwerer, als viele vor allem von jenen glauben, auf die das nicht zutrifft.

Wenn der Schwimmpräsident, kaum zu einem von fünf oder mehr Vizepräsidenten des Europaverbandes bestimmt, von großer Ehre für Österreich und davon spricht, auf welch gutem Weg sich will heimische Schwimmsport unter ihm und Kommilitonen befinde, dann … Ja, dann wäre schon zu hinterfragen, warum es außer in Wien, Graz und Linz in ganz Österreich nur noch eine Schwimmhalle in RIF bei Salzburg gibt, in der es statt 8 oder 10 (aktuelle Zahl) nur zwei 50m-Bahnen gibt, um die sich die SchwimmerInnen raufen müssen. Und es wäre auch zu hinterfragen, wie viel Kapital aus Gold-, Silber-, Bronzemedaillen (Auböck, Pilhatsch, Reitshammer, Synchron-Nixen) und Finalplätzen (wie Bucher) bei potenten Sponsoren geschlagen wurden? Und ob der Verband wirtschaftlich auf Rosen oder aber, wie von da und dort durchsickert, doch eher auf Dornen.

Als international anerkannter und mehrfach geehrter, aber national geächteter Schwimmexperte kann man sich nur wundern über höchst bedenkliche Vorgangsweisen und Entwicklungen.

Reden wir nicht davon, dass in der Beletage des Verbandes zwei Personen sitzen, die als Präsidentenfreunde nicht nur seine Vizepräsidenten sind, sondern auch in der Sportkommission sitzen, die bestimmt, wer zu Großevents geschickt wird. Und wie es der Teufel haben will, werden da auch immer wieder Söhne und Töchter dieser hohen Herren nominiert, auch dann, wenn man verpasste Limits mit authentischen Staffel-Interpretationen kompensieren muss.

Reden wir nicht davon, dass ein Golf-Sozialist und g´standener Politfunktionär (Vizebürgermeister in Ansfelden bei Linz) als OSV-Generalsekretär abdankt, bei einer Tür rausgeht, und bei der anderen als Finanzchef wieder reingeht.

Reden wir nicht darüber, dass es in früheren, goldeneren Zeiten nur einen ehrenamtlichen Schwimmwart und keinen Sportdirektor wie heutzutage gab, dessen Aktionsradius sich abgesehen von Wettkampfreisen fast immer nur um das Südstadtzentrum dreht.

Reden wir nicht darüber, dass die aktuellen „Voll-Machthaber“ im Schwimmverband noch nicht im Amt waren, als die griechischen Alexandri-Synchron-Nixen vor 10 Jahren (mit Trainerin Mladenova, Bul) nach Wien kamen. Dass der ungarische Erfolgstrainer Balazs Fehervari schon im Herbst 2014 (noch unter dem skurrilen Ex-Lauda-Partner Miklauz als OSV-Boss) in die Südstadt geholt worden war.

Reden wir nicht darüber, dass Felix Auböck in eben diesem Jahr von der Südstadt (samt Gymnasialwechsel) nach Berlin ging, von dort in die USA und schließlich wegen fehlenden Sponsors nach England gegen musste. Und dass der Open-Water-WM-Neunte Jan Hercog von Graz nach Würzburg zu den doch etwas erfolgreicheren Lurz-Brüdern übersiedelte.

Reden wir nicht darüber, dass nach dem seltsamen Verletzungs-Karriere-Ende der EM-Dritten Lisa Zaiser die in Wörgl groß gewordene Lena Kreundl für einige Zeit von Linz in die Schweiz ging, um Luft zu holen für einen Neustart…

Und wie eingangs erwähnt die neuen „Kracher“ Bucher und auch Reitshammer von Innsbruck nach Linz übersiedeln mussten, um Oberwasser zu haben/bekommen. Die Erfolgsgeschichte, die geschrieben wurde, haben die SportlerInnen geschrieben, die willens waren, mit Wohnsitz auch den Lebensstil zu ändern.

Aber keine Funktionäre, auch wenn sie sich so gebärden, als hätte es vor ihnen keine Rogans, Podoprigoras, Fischers, Lischkas, Draxlers,  Jukic-Geschwister, Nadarajahs, Steineggers etc,. gegeben. Und das alles, ohne dass Österreich einen Europa-Vizepräsidenten gehabt hätte. Da bleibt einem doch glatt die Spucke weg. Erst recht ohne Maulkorb!

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