Auch wenn er nach 419 Tagen endlich gewonnen hatte gegen einen 20jährigen Austro-Kroaten, dieser Erstrundensieg beim Salzburg-Challenger war alles andere denn eine Heldentat des Tennishelden a. D. gewesen. Und ganz so, als hätte er seine verwundbare Labilität bestätigen wollen, kam Dominic Thiem im Achtelfinale gegen den argentinischen Titelverteidiger Facundo Bagnis (Nr. 103) trotz überschlafener Unterbrechung vom Regen in die Traufe, um schließlich unterzugehen. Am Center Court trommelte er zwar noch gegen die Mauer, um dann dem schuldlosen Racket an den Rahmen zu gehen, war danach aber am Ende seines letzten Spieltages im Volksgarten zwar enttäuscht, aber nicht ganz unzufrieden mit der achten Niederlage im neunten Comeback-Spiel.
Na ja, langsam nehmen diese halbherzig-lahmhaperten Reaktionen fast schon so beängstigende Formen an die Misserfolgsserie nach der Handverletzung, die offenbar keine Spuren mehr hinterlassen hat, sonst hätte er ja nicht auf den oder mit dem Schläger so herumhacken können, ohne aufzuschreien vor Schmerz. Ja, was ist in diesen Dominic Thiem gefahren, der in seinem ganzen Gehabe, in seinem fast schon von Gleichgültigkeit geprägten Auftreten langsam zur Karikatur des Kämpfers geworden ist, der im US-Open-Finale 2020 gegen Zverev eigentlich schon so gut wie besiegt war, aber dann mit dem Rücken zur Wand, Einsatz aller Reserven und letzter Kraft doch noch gewonnen hatte.
Was ist es, was einen mit Talent und Schlagkraft gesegneten Endzwanziger wie Thiem offensichtlich unbewusst dazu bewegt, sich in falscher Anwandlung von Verteidigung ist bester Angriff immer weiter hinter der Grundlinie zu bewegen statt mutig in den Platz und auf Gewinnschläge zu gehen. Die Bälle, mit denen er vor Verletzung und langer Pause den Gegner weh getan hatte, die fliegen jetzt ihm gegen vermeintlich schwächere Spieler immer wieder um die Ohren.
Wer bitte, so frage ich mich, hat eigentlich noch die Autorität, dem Ex-Weltranglistendritten außer Form und ohne Moral nicht nur die Leviten zu lesen, sondern auch zu korrigieren, was er alles falsch macht. Seit zwei Jahren hat der Nicht-mehr-Dominator mehr als das halbe Thiem-Team ausgetauscht, ohne dass er dabei und wieder in die richtigen Gänge gekommen wäre, ganz zu schweigen vom Overdrive, den man in der heutigen Dichte des Top-Tennis braucht, um gewinnen zu können.
Es wird Zeit, dass Thiem noch einmal in sich geht und dann Nägel mit Köpfen zu machen gewillt ist statt von einer Pleite in den nächsten Flop zu stolpern und sich dessen ungeachtet mit eiserner Konsequenz zu versichern und einzutrichtern, dass er nur noch ein paar Turniere mehr braucht, um wieder der alte zu werden. Was Dominic Thiem braucht, das wäre jetzt kein Weichspüler als Coach, kein mentaler Tennisflüsterer, der Trost spendet, sondern ein harter Hund, der ihm schon in harten Drills alles abverlangt, damit er dann, wenn´s ernst wird, wieder Gas geben kann,. Und wieder über Siege jubeln kann und nicht nur aus Frust gegen die Wand trommeln und/oder Rackets malträtieren muss. Alles andere kommt langsam einem Selbstvernichtungstrieb gleich…