Im Sonntagsfinale der Erste Bank Ope 500 in der Stadthalle schicken sich mit dem russischen Olympiazweiten Karen Khachanov, 28, und der neuen britischen Nummer 1 im Tennis, Jack Draper, 22, die Nachfolge ihrer weit berühmteren Landsmänner und Grand-Slam-Sieger Medwedew und Murray als Wien-Sieger anzutreten. Was den seit einiger Zeit fast unaufhaltsamen Aufstieg des 1,93m großen britischen Himmelstürmers betrifft, so steckt dahinter keineswegs ein Protektionskind seines Herrn Papa, sondern die konzeptive Handschrift seines Vaters Roger, der vor knapp 20 Jahren dem nach Tim Henman und dem aus Übersee ins Land geholten Anglo-Kanadier Greg Rusedski (übrigens zwei Wien-Sieger) zwar der Wimbledon-Einnahmen wegen steinreichen, aber sportlich dahindümpelnden britischen Tennisverband einen zukunftsorientierten Maßanzug verpasste.
Nicht nur mit einem Generalsponsor (Aegon), der – wie es hierzulande auch geschieht – zahlreiche größere und kleinere Turniere für Damen wie Herren finanzierte, sondern auch Ex-Profis als Touring-Coaches und renommierte (Nachwuchs-) Trainer als Übungsleiter engagierte, um die Dichte an der Basis zu verbreitern. So etwa scheute sich Roger Draper nicht, den bei Andre Agassi erfolgreichen ehemaligen „schmutzigen“ Wien-Sieger (1986), Top-10-Spieler und Meister der psychologischen Kriegsführung, Brad Gilbert, gegen eine Top-Gage zu holen, um aus dem vermeintlich schlampigen oder verschlamptem Talent Andy Murray doch noch das Maximum herauszuholen.
Binnen einer Saison stürmte der Schotte bis auf Platz 4! Der Rest ist inzwischen so Geschichte wie seit kurzem der trotz künstlicher Hüfte doch-wieder-Top-50-Mann Andy Murray, seines Zeichens zweimaliger Olympiasieger, dreifacher Grand-Slam-Sieger und damit Vorbild für die jungen Tennis-Briten, dass es sich auszahlt, wenn man sich dementsprechend anstrengt.
Hatten die British Lawn Tennis Association früher im Commonwealth-Raum nach Hoffnungen geangelt, die leicht einzubürgern waren, so sind´s mittlerweile auch Tenniskinder mit Migrationshintergrund, die nach der Marschtabelle von Roger Draper (vormals CEO von Sports in England) zu immer mehr und auch spektakulären Erfolgen ausholten, man denke nur an das allerdings zu verhätschelte und verletzungsanfällige Problemkind Emma Raducanu (Sino-rumänische Wurzeln), Johanna Konta (Hungaro-australischer Background) oder den in Österreich auch als Tulln-Challenger-Sieger bekannten Jan Choinski. Nicht zu vergessen die geborenen Briten wie Danny Evans oder eine Katie Boulter, die derzeit in Fernost mitunter aufgeigt. Motto: Ein Draper (nicht zu verwechseln mit dem früheren australischen Tennis- und Golfprofi!) kommt selten allein, wenn der Vater mit dem Sohne.
Womit wir bei einer alten Leier sind, also einem Refrain, der alle Jahre wieder, wenn der Jubel über eines unserer Juwels a la Muster und Thiem verstummt ist, als alte, neue Platte aufgelegt wird. Es geht schlicht und einfach darum, dass für den Nachwuchs die besten verfüg- und leistbaren Übungsleiter/Trainer/Coaches verpflichtet werden, damit die Talente erst einmal über das Einmaleins hinaus das ganze ABC im Tennis so gut lernen, dass sie es auch unter Druck und Stress beherrschen. Denn über Begabungen hinaus, die allein bei weitem nicht ausreichen, sollte auch hierzulande nach dem Grundsatz gehandelt werden: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr…
PS: So schön es auch ist, dass sich das Doppelduo Erler-Miedler als ehemalige Wien-Sieger wieder für das Endspiel qualifiziert haben, so sehr spielt sich das halt Doppel-Geschehen selbst bei Grand-Slam-Turnieren seit längerer Zeit auf einer meist unbeachteten Nebenschiene ab. Darum wär´s umso wichtiger, dass ein früherer Juniorenstar wie Joel Schwärzler ehebaldigst hält, was uns von ihm versprochen wurde. Schließlich ist der mittlerweile nach Barcelona gewechselte Vorarlberger nur ein halbes Jahr jünger als der Tscheche Mensik, der immerhin im Wien-Viertelfinale stand, ehe ihn gegen Ball-Wand und Dauer-Läufer De Minaur die Kräfte und die Konzentration verließen.