Leichtathletik

LA-WM in Budapest: Von echter Klasse und unerfüllten Wunschvorstellungen

Ich gestehe, dass ich enttäuscht bin! Lukas Weißhaidinger hat zwar am ersten, heißen Tag der Leichtathletik-WM im neuen Stadion von Budapest getan, was man von ihm erwartet hatte, die lockere Qualifikation fürs Finale am Montag, das ich mir als alter LA-Fan vor Ort nicht entgehen lasse. Auch die persönliche 1500-m-Bestzeit von Ralph Pallitsch ist aus seiner und heimischer Perspektive respektabel, hat aber gleich mehrere Pferdefüße. Pallitsch rannte sich die Seele aus dem Leib, landete in einem dichten Teilnehmerfeld mit Platz 26 aber nur unter ferner liefen in 3:36,37 Minuten. Andersrum brutaler ausgedrückt: Etwa eine Sekunde langsamer als der leider viel zu früh verstorbene EM-Vierte Robert Nemeth vor fast 40 Jahren!

Als Ironie am Rande sei erwähnt, dass Nemeth wegen ein paar Hundertstel das Olympia-Limit verpasst und trotz Weltklassezeit die Sommerspiele 84 in LA versäumt hatte. Und trotz seiner Steigerung sei angefügt, dass bei Pallitsch die Luft nach oben insofern eher dünn zu sein scheint, da er mit seinen 33 Jahren nicht mehr der Jüngste ist auf der Mittelstrecke, in der inzwischen die Tempoläufer auch sprinten und die im Endspurt gefürchteten Läufer auch Tempoverschärfungen mitgehen können. Das ist der große Unterschied zu früheren Jahrzehnten …

Wie gesagt, der schwergewichtige, wurfkräftige Medaillenkandidat Luki und der spätberufene Raphael haben jeweils in ihrem Rahmen gebracht, was sie drin- und raufhaben. Im Vergleich zu den allzu positiven bis euphorischen Vorberichten waren hingegen der neue Rekordsprinter Markus Fuchs, 26, und die Ex-Junioren-Weltmeisterin im Siebenkampf, Sarah Lagger, bald 24, davon weit entfernt, auch neue, tolle Geschichten zu schreiben. Für Fuchs hingen im 100m-Lauf die nach seinen heurigen Topsprints vermeintlich greifbaren Trauben doch viel zu hoch, vielleicht auch deshalb, weil ihn die Größe des Augenblicks womöglich doch übermannt hatte, schließlich ist eine WM in einem funkelnagelneuen, mit Abertausenden an Fans gefüllten Stadion in Budapest doch was anderes als familiäre Meetings St. Pölten, Eisenstadt oder Schwechat. Von  10,08 über 10,15 bis 10,24 (ÖMS Kapfenberg) ging´s leider rauf bis 10,43, also mehr als Mittelmaß.

Mich ager fuchst auch noch die andere, eher negative Story, die nicht leicht schlönzufärben ist. Weil die beiden älteren Vorzeige-Mehrkämpferinnen Ivona Dadic und Verena Mayr, vormals Preiner, immer noch unter Verletzungen oder aber unter Trainingsrückstand leiden, also abgesagt hatten, folgte Sarah Lagger dem Ruf des Weltverbandes, obwohl sie – nach ebenfalls längerer Verletzungs- und Umstellungsphase (von Dr. Werthner in die Südstadt) – schon einige Mehrkämpfe, darunter einen Sieg im polnischen Bydgosz mit etwas über 6000 Punkten, intus hatte.

Wenn nicht ein mittleres Wunder passiert, worauf LA-Fans hoffen, dann steht zu befürchten, dass sich ein ehedem vergoldetes, goldiges Talent beim Übergang vom hochgehandelten Starlet zum ausgewachsenen Star sozusagen zwischen zwei Stühle setzt. Nach den ersten vier Bewerben des WM-Siebenkampfes rangiert die Neo-Südstädterin aus Kärnten nämlich unter 21 verbliebenen Damen nur an der 18. Stelle mit einem Rückstand von 510 Punkten auf die führende US-Amerikanerin Hall, die wohl die Nachfolge  der abwesenden Dominatorinnen Thiam (Belgien) und Johnson-Thompson (GB) antreten wird. Und am Ende sprang nur Rang 17 mit nicht einmal 6000 Punkten heraus. Toll, dass der ÖLV da noch von toller Leistung schreibt. Unglaublich.

Aber der morgige Montag kommt ganz sicher – und damit die Hoffnung, dass Weißhaidinger seine imposante Medaillenserie nach den beiden Vorjahrsflops (WM, EM) wieder aufnehmen kann. Und dass Frau Susanne Gogl-Walli nach fast einem halben Jahrhundert im Semifinale den 400m-Rekord der erst vor kurzem verblichenen Karoline Käfer nach der Halle auch im Freien knackt. Damit sich wenigstens in diesem Fall ein kleiner Kreis schließt: Alles andere wäre schon ein Vorgriff auf Utopie, die leider seltener eintrifft als Enttäuschungen. Hoffentlich ist morgen Schluss damit…

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