Eigentlich hab ich mich nach einer guten Stunde geistig schon darauf vorbereitet gehabt, dass Harry Kane, der Teuerste aller Teuren beim FC Bayern München, ein armer Hund ist, dem man besten- oder schlimmstenfalls, je nach dem, einen Knochen hinwirft. Ja, er hatte das 0:1 durch und für Sane uneigennützig eingeleitet, aber dann hatte nicht nur ich, sondern einige alte Sport- und Fußballfreunde das untrügliche Gefühl, als würden die Mitspieler den Torjägermehr oder weniger übersehen, jedenfalls gab es trotz überwältigenden Ballbesitzes der bayrischen Multi-Kulti-Truppe kaum vernünftige, verwertbare Vorlagen für den Briten, auch dann, wenn er sich anbot.
Aber Harry, Führungsspieler und Kapitän von Tottenham und Team, wusste natürlich, wie es geht, sich selbst in der Doppelrolle des Schützen wie Assistenten in Szene zu setzen. Devise: Wenn schon ganz vorn nichts geht, dann lass´ ich mich halt ein Stück zurückfallen, um sozusagen aus dem Hinterhalt anzugreifen. Im ersten Doppelpass-Anlauf ging´s noch um Zentimeter am Tor vorbei, aber beim nächsten Versuch gelang H. K. dann sein erstes Tor für den deutschen Rekordmeister, mit dem er endlich jene Trophäen gewinnen will, die er bisher mit seinem Stammverein Tottenham Hotspur ebenso verpasst hat wie bei den Klubs, an die er kurzfristig verliehen worden war.
Die Jubelgesten des Millionenstürmers waren in der Tat so etwas wie Zeichen, die nicht nur den an die Weser mit gereisten Fans, sondern auch den mit seinem Transfer womöglich nicht ganz so glücklichen Mitspielern signalisieren sollten: Ich bin nicht Mane, sondern Kane. jUnd wi und wann immer Kane draufsteht, dort ist Kane auch drinnen. Und sozusagen auch Hinweis, dass das alles erst der Anfang von dem ist, was ich selbst von mir erwarte und sich der FC Bayern samt Führung und Fans von mir verspricht. Mir scheint, als wäre dieser jahrelang so klubtreue Brite noch ein (Welt)-Star vom alten Schlag und kein Jobhopper wie so viele andere mit weit weniger Empfehlungen…
