Fussball

Milan-Lektion als Dämpfer für Selbstüberschätzung von Jungbullen

Natürlich stimmt´s, dass man Tore, die man nicht schießt, in der Fußball-Faustregel dann kriegt. Aber es wäre zu einfach, damit das ernüchternde 0:4 der (mehr oder weniger) Jungbullen aus Salzburg beim AC Milan zu erklären. Die noch keineswegs wie ehedem zum Exklusivzirkel des Europa-Fußballs zählenden Mailänder mit dem 36jährigen Kopfballungeheuer und schussgewaltigen Goalgetter Giroud deckten gnadenlos die Defizite des heimischen Serienmeisters auf – nach der Pause sogar derart nach Belieben, dass gar ein ähnliches Debakel wie beim 1:7 gegen den FC Bayern München zu drohen schien.

Es lief alles sozusagen spiegelverkehrt zu sonstigen Szenarien. Nicht die Salzburger hatten das Heft mit aggressiven Attacken in der Hand, sondern der AC Milan war im sogenannten Spiel gegen den Ball die bessere und vor allem effizientere Mannschaft an diesem Abend. Geradliniger, schnörkelloser, direkter auch und vor allem über die von den Salzburgern allzu sträflich vernachlässigten Flanken, die die Abwehr der Jungbullen ein ums andere Mal am falschen Fuß erwischte. Andererseits wieder übertrieben die Salzburger das Kombinationsspiel auf engstem Raum, bis sie sich festliefen oder zu Fehlern gezwungen wurden, die wiederum zu gefährlichen Konterattacken führten.

Vielleicht hab´ ich mich da getäuscht, konnte mich aber bei dieser Spielweise des Eindrucks kaum erwehren, dass sich da einige der Bullen in ihrem jugendlichen Sturm und Drang, um nicht zu sagen Naivität, selbst falsch und zu hoch einschätzten im Kampf mit geeichten, abgebrühten Klasseleuten, die vom ebenfalls jugendlichen Trainer Jaissle alle samt ihren Alternativen gleich zu Weltklasse stilisiert wurden. Wie gesagt, ein Schuss zu viel an Fremdloben und eigener Selbstüberschätzung, die aus meiner Sicht zumindest zwei Väter hat.

Einerseits die nur hin und wieder gebremste Einbahn in der heimischen Liga mit einer überlegenen Qualität, mit der auch Klein-Klein zum Erfolg führt. Zum anderen aber auch manch fette Schlagzeilen, übertriebene Lobeshymnen oder plakative Transfergerüchte („Ganz Europa jagt Sesko!“), die irgendwann solch jungen Spielern den Kopf verdrehen. Dazu kommen noch die nicht nur durch lukrative Sommer- oder Winterverkäufe, sondern auch Verletzungen und Überforderungen ständig nötigen Rotationen auf Schlüsselpositionen.

Und wenn das Puzzle vorn und hinten nicht wirklich passt und die Salzburger auf mehr Masse an Klasse treffen, dann läuft nicht nur wenig zusammen, dann geht vieles schief. Wie an diesen Abend in San Siro, an dem die Bullen unversehens bei den Hörnern gepackt wurden. Aber solche Tage und Lektionen sind sowohl für Spieler wie für den Trainer dazu da, daraus die richtigen Lehren und keine (zumindest partiell) falschen Schlüsse („Wir haben Paroli geboten!“) zu ziehen. Auch und gerade im Fußball gibt´s keine allzu großen Sprünge, sondern geht es Schritt für Schritt. Was für die Beletage halt nur hin und wieder reicht, kann im Stock darunter durchaus genügen. Darum ist´s vielleicht sogar gut oder besser, in der Europa-League einen neuen Anlauf für neue Überraschungen zu nehmen.  

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