Operation gelungen, Patient aber tot. Knapp vorbei ist trotzdem daneben. Oder toll gekämpft, aber verloren. Wie immer man´s drehen oder nennen will, unterm Strich gibt´s nur einen gemeinsamen Nenner, der da lautet: Dominic Thiem hat´s im Duell zweier nicht mehr oder noch nicht wieder im Vollbesitz ihrer Kräfte, ihres Könnens und auch ihrer Kondition befindlichen Ex-Stars verabsäumt, den verunsicherten Kanadier Felix Auger-Aliassime zum Auftakt der Australien Open zu schlagen. Als es schien, als würde der Dominator, der nicht gerne so genannt werden will, den Aufschläger endgültig entwaffnen und bei 2:2-Sätzen die Wende erzwingen, ging der Schuss in die andere Richtung los. Irren ist menschlich. Ob so oder so gemeint.
Ja, wirklich schade um die verpasste Gelegenheit, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, wirklich schade. Jetzt würde ich wetten, dass der Niederlagen-Frust in patriotischer Lust zur Verdrehung von harten Tatsachen allenthalben in diversen loyalen, wenn nicht allzu befreundeten Servus-Dominic-Medien in einen moralischen Sieg nach fünfstündigem, heroischem Kampf auf des Messers Schneide verwandelt wird. Und mich würd´s auch nicht wundern, wenn Dominic Thiem wie gehabt seit Beginn seiner Comeback-Achterfahrt gebetsmühlenartig stets behauptet, dass er das Positive aus diesem Match mitnehmen würde, weil´s ein weiterer Schritt nach vorn gewesen wäre.
Bei allem Respekt vor dem, was Thiem vor seiner langen Verletzungspause gewonnen und was er alles auch für die Tennisnation geleistet hat, das aller Ehren wert war und ist – im schnelllebigen Spitzensport von heute und dem immer schnelleren Tempo, mit dem heutzutage im Tennis gespielt wird, muss sich auch ein D. T. entweder dieser Entwicklung anpassen oder aber so ehrlich zu sich selbst sein, dass er sagt, da komm´ ich leider nicht mehr mit. Ich will mein eigenes Denkmal nicht zerstören.
Alles Wenn und Aber, alle Entschuldigungen, Beschönigungen oder aus welch vertraglichen Verpflichtungen immer nötigen Besserfärbereien werden den inzwischen Dreißigjährigen, aber immer noch bubenhaft wirkenden Thiem nicht aus dem Teufelskreis befreien, in dem er sich mit und trotz wechselndem Betreuerpersonal dreht. Solange der Drehwurm weiter drinsteckt, kann er sich nicht von all seinen Schwächen kurieren.
Das ist zumindest für mich die ehrliche Quintessenz einer mehr als bitteren Fünfsatz-Niederlage gegen einen Auger-Aliassime, von dem man nach vier Sätzen gedacht hätte, er würde in die Knie gehen. Felix aber war nicht nur der Glücklichere, sondern überraschender Weise auch Stärkere…