Skandalös! Disziplinlos! Unfassbar! Unwürdig! Schande über Schande! Da ich den Vorfall nicht live im TV gesehen hatte, war der Experten-Vorurteile wegen natürlich mehr als gespannt, wie Novak Djokovic die Nerven derart verloren haben sollte, dass er um ein Haar eine Linienrichterin abgeschmettert hätte. Womit der „Djoker“ sich nach Ansucht und Durchblick solch Kapazunder wie „Matchball Becker“ traurigerweise, aber verdientermaßen und regelkonform von den US-Open quasi selbst ausgeschlossen hätte! Dann sah ich im Re-Play, was sich tatsächlich abgespielt hatte – und nicht nur meine Wenigkeit, sondern auch Tennis-Altmeister wie Hans Kary und einige Kollegen aus der Medienbranche waren höchst verwundert ob der von hoher Geldstrafe begleiteten Höchststrafe für die Nummer 1 der Tenniswelt, sprich: nach Kurzdiskussionen aufrechter Disqualifikation!
Wenn ich gedacht hätte, der Djoker hätte hinterhältig den Ball mit voller Wucht derart gegen die hintere Wand gepfeffert, dass er im wahrsten Sinn des Wortes der Linien-Frau nicht ins Auge, sondern an die Gurgel gegangen war, dann saß unsereins einem Irrtum auf. Natürlich war´s nicht gerade der Gipfel der Fairness, die Filz-Kugel in einer Halbdrehung ohne zu schauen nach hinten zu werfen, aber es war alles, nur kein Ballern, sondern eher ein besseres Schupfen oder Werfen, nur eine Spur härter als dann, wenn er ihn einem Ball-Buben zuspielt. Warum diese Linien-Frau plötzlich zusammensackte, als hätte sie die Kugel einer Flinte getroffen, das blieb mir jedenfalls ein Rätsel wie die Frage, warum sich ein kräftiger, aber offenbar empfindlicher weiblicher Tennis-Freak um diesen, wie sie selbst demonstrierte, vor allem bei Assen um 240 Kmh so atemberaubend gefährlichen Job bewirbt und auch bekommt.
Auch auf die Gefahr, ins Visier von Puristen unter den Paragraphenreitern zu kommen: Hier soll alles, nur nicht der obendrein hochgespielten Unbeherrschtheit eines sonst so selbst-disziplinierten Topstars das Wort geredet werden, ganz gewiss nicht. Aber Fairplay sollte auch beim Strafausmaß regieren. Und so denke ich, dass ein Punkte- oder gar Game-Abzug wohl als gerechter Penalty gereicht hätte als Konsequenz eines womöglich unabsichtlichen, dennoch aber unsportlichen Verhaltens aus Frust und Emotion. Erst recht, wenn das „Opfer“ nach Kurzbehandlung gleich wieder aufgestanden und von dannen gegangen war. Gretchenfrage: Nur kurzer Schreck bei der Amerikanerin, der gleich wieder nachgelassen hatte? Oder gar eine Schmieren-Komödie, die aus Not eine Tugend, aus einer Statistenrolle kurzerhand die Hauptfigur um einen Superstar machte, der dafür die teure (Punkte-)Zeche zahlt?
Darum (hinter)frage ich mich jetzt immer wieder aufs Neue: Warum wurde derart hart ein- und durchgegriffen? Wollte man unbedingt an einer Nummer 1 ein Exempel statuieren? Oder vielleicht sogar, was allenthalben Verschwörung-Theoretiker vermuten, als Antwort darauf, dass eben dieser Djokovic sich vor den US-Open zum Rädelsführer einer Gegen-Spieler-Vereinigung aufgeschwungen hatte, die dem Establishment von ATP und ITF den Kampf angesagt hatte und deshalb auch zu einem Dorn im Auge geworden war? Eben darum ertappe mich da beim Gedanken: Einer muss ja schließlich der Novak sein! Auch im Tennis….