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Alles, was leer ist als neuer, nein: teurer Kitz-Klassiker

Mit den sonst prall gefüllten Tribünen bleibt heuer auch die Ehrentribüne leer, wo sich sonst von der steirischen und weder tirolerischen noch kalifornischen Eiche Schwarzenegger über Bundes-, Landes- und Lokalpolitiker bis zu Film-, TV-, Show- und Model-Bizz der Adel und Geldadel, echte Society und aufgesetzte Snobiety, leise Millionäre und neureiche Machos mehr als nur die übliche, klein (kariert)e Skiwelt trifft. Was Corona binnen einem knappen Jahr geschafft hat, das war vordem das letzte Mal der Naturschneearmut und der Kunstschneelosigkeit im Olympiawinter 1988 gelungen, als Kitzbühel gestrichen und kurzerhand nach Kleinkirchheim in die Heimat des Streif-Abfahrtskaisers Franz I., Klammer, verlegt worden war.

Marsch, zurück in die Zukunft, von der die Gamsstadt in allem Optimismus hofft, dass sie im Winter 2021/22 beginnen kann/darf/muss, wo sie 2020 aufgehört hat. Vielleicht ja, vielleicht auch nicht, weil so genau ja niemand weiß, welch Urängste unsere hehre Politik dazu veranlasst, einen Lockdown nach dem anderen so zu verschärfen, dass am Ende weder Tourismus noch Gastronomie ein noch so kleines Scherflein im Trockenen oder gar im Geld-Börserl haben. Sarkasten könnten vermeinen, weil ja immer wieder vom Schützen der mittlerweile fast schon alters-zeitlosen Risikogruppen die Rede ist, es handle sich dabei um eine ganz spezielle Form oder besser: Abart von Schutzzoll….

Ich bitte dieses Extempore zu entschuldigen, bevor ich mich der Kitz-Aktualität widme, die in ihrer Ausgestorbenheit abseits der TV-Kameras als Geisterrennen in die Streifgeschichte eingeht. Kein einziger der ansonsten 100.000 Zuschauer kann die Ruhe im Abfahrtssturm stören, höchstens der Wettergott einen Strich durchs Programm machen wie damals, als der Hahnenkamm an der Kaiserburg lag, dem Streif-Mythos Klammer zu Füßen. Den Strich durch alle (Voranschlags-)Rechnungen haben ja längst die Regierungspolitiker mit den mehrfarbigen Landes-Kaisern gemacht, die sich nicht sattsehen und satthören können an negativen Superlativen, die gegen gutes Inseratengeld medial Tag für Tag in Wort, Schrift und Bild publiziert werden. Schrecken ohne Ende statt Ende mit Schrecken.

Der vom Juristen Michael Huber geführte Kitzbüheler Ski-Club allerdings hat sich schon vor Monaten gesagt: Schreck, lass nach! Und auch dementsprechend Vorkehrungen getroffen, dass er auch ohne Fans und damit verbundenen Einnahmequellen flüssig genug bleibt, um das 90-Jahr-Jubiläum (1. Rennen 1931) zu veranstalten. Ja, er hätte sogar fünf Rennen organisiert, hätte da nicht die dann doch nicht entdeckte britische Corona-Mutation Jochberg zur Blitz-Absage von Wengen- und Kitz-Slalom am Ganslernhang im Doppelpack geführt. Na gut, man kann ja nicht alles haben! Damit der Streif-Mythos aber über die Bildschirme in fast aller Welt flimmern kann, haben Sponsoren die Spendierhosen angezogen, damit die kühnen Abfahrtsritter über den bestens präparierten Klassiker bretteln können. Und all das trotz vieler Auflagen, Hürden und Schikanen, die sich auch auf Mitarbeiter, Freiwillige und BH-Soldaten erstrecken. Hut ab, wie das generalstabsmäßig so effizient umgesetzt wurde, dass man der Obrigkeit nur wünschen kann, dass sie sich das von chaotischen Test-Stationen bis unausgegorenen Impf-Startaktionen als Muster größten Werts zum Vorbild nehmen. Wer weiß, vielleicht koglert sich der Werner mit dem Basti kurz nach Kitz, um zu schauen, ob alles, was vor Ort zwar richtig ist, auch rechtens ist, gell?

Tatsache allerdings bleibt, dass – Abfahrten hin, Rennen her – der Großraum Kitzbühel und die Gamsstadt selbst nicht nur in der Hahnenkammwoche das größte Saisondefizit seit Jahrzehnten wegstecken müssen. Dazu braucht man keine spekulativen Zahlenspielereien, wie sich das mit Jahresschnitt an Einnahmen über Jahrzehnte hinweg ganz einfach hochrechnen lässt, was sich allerdings – im Gegensatz zu den Hochrechnungen vor 10 Monaten, mit welch grausamer Windeseile sich Infektionen, Erkrankungen und Todesraten durch Covid-19 potenzieren würden – die sonst so fingerfertigen Computer-Mathematiker in dieser nicht ganz so regierungstreuen Hinsicht entgehen haben lassen. Da die Kitz-Rollbalken (mit wenigen Ausnahmen für Berufszwänge) ja schon seit 4. November 2020 unten sind und es wohl bis Ende Februar oder noch länger bleiben, ist der kalkulierte Verlust keine Hexerei.

Wenn im Raume Kitzbühel pro Wintersaison pro Bett im (Jahrzehnte-)Schnitt ein Umsatz von 19.100 Euro kalkuliert wird, dann muss man das nur mit den etwa 8000 Betten in und rund um die Stadt multiplizieren, um die verlorenen Einnahmen aus Nächtigungen zu errechnen. Nur partiell inkludiert ist da das Aufkommen in der Hahnenkamm-Woche, in der man den Umsatz durch die Abertausenden an Hotelgästen, Restaurantbesuchern, Würstelbuden- und Bierflaschenkonsumenten um die 50 Millionen für sechs bis sieben Tage taxieren kann. Was die Bergbahn als Gondel- und sonstige Liftbetreiber bei Minimal-Auslastung über den ganzen Winter verliert, ist da noch gar nicht inbegriffen.

Aber wie sie wissen und fast täglich auch hören können, ist uns die Gesundheit vor allem der älteren und alten Mitbürger mehr wert als alles andere. Und wen kratzt außer Kitzbühel, das zu zwei Drittel vom Wintertourismus lebt, schon a „g´sunde Watsch´n“, wirtschaftlich gesehen. Und die Fans, die normal den Hahnenkamm oder zumindest den Zielraum oberhalb des Reisch´schen Rasmushofes stürmen, kommen heuer mit einem blauen Aug´ davon, weil sie ihre Idole, Ikonen oder sonstige Helden der Streif ja immerhin im Fernsehen aus Home-Watching-Distanz bewundern dürfen.

Es ist eine ganz neue Form des römischen Panem et Circenses, also Brot und Zirkus-Spiele. Die Ski-Fans holen sich vorm TV-Gerät keine kalten Füße, statt Brot gibt´s auf der Couch noch Chips oder Knabbernossi, während derweil im echten Fernseh-Skizirkus-Maximus die verwegenen, wagemutigen, weder Tod noch Teufel fürchtenden Abfahrtsgladiatoren mit bis zu 140 km/h und mehr zu Tal rasen. Wenn das im Zeitalter des herandämmernden e-Sports nicht schon Signal ist, wie man die Zukunft gestalten könnte, ohne dass sich Massen in Bewegung setzen, was dann?

Ja, warum nicht zurück in eine schöne Zukunft, die ja Vergangenheit hat. Schließlich fand auch das allererste Hahnenkammrennen 1931 nicht auf der „Streif“ statt, sondern wurde hoch oben auf der Fleckalm gestartet mit Zuschauern, die man an den Fingern einer Hand abzählen konnte. Und wie bekannt, gibt es politisch klar positionierte Gruppierungen, die lauthals im anglizistischen Neudeutsch rufen: Back to the roots. Stimmt absolut, auch wenn es sich anders interpretieren lässt. Es kommt immer auf die Wurzeln allen Übels an…

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