Fussball

Aufreger Ronaldo oder: Ewiger Blick zurück auf Altgranden statt Jungstars mit Zukunft

Kein WM-Tag ohne mehr als nur einen Aufreger, wie man das heutzutage nennt. Kaum hatten die ineffizienten Tiki-Taka-Spanier beim Glücksspiel namens Elferschießen gegen die Marokkaner eine Niete gezogen, da schossen die Portugiesen die Multikulti-Schweizer mit dem 6:1-Tennis-Resultat aus den Socken. Und das alles ohne den 37jährigen Megastar Ronaldo, der bis zum 5:1 auf der Bank sitzen und erleben musste, wie just sein 21jähriger Ersatzmann Ramos (Fotos) drei Tore erzielte.

Als er selbst ins Spiel kommen und vom noch älteren (Kopfballtorschützen) Pepe die Kapitänsschleife übernehmen durfte, ging er wieder leer aus und frustriert allein vom Platz, während die anderen Portugiesen ausgelassen mit den Fans feierten. Welch ein Fressen für die (TV-)Reporter, die weniger das halbe, mitreißende Dutzend gegen den Schweizer Emmentaler interessierte, sondern weit mehr die vermeintlich demütigende Nebenrolle des sonstigen Hauptdarstellers beschäftigte.

Kaum war Portugals Teamchef Santos, der tatsächlich so aussieht wie eine graue Eminenz, zu Ronaldos mehr als 70minütiges Reservistendasein befragt worden, kaum hatte er von taktischer Maßnahme gesprochen, da hatte er frei nach Trapattoni fertig, drehte sich um und ging von dannen, weil ihm die Ronaldo-Seifenoper offensichtlich beim Hals heraushing oder aber über die Hutschnur ging. Hätte ich einen Hut, hätte ich ihn vor Senhor Santos gezogen, der klipp und klar zum Ausdruck brachte: Genug ist genug dieses Skandalisierens um des Aufregers willen!

Als jahrzehntelang geübter Medienmann und bei allem Verständnis für boulevardeske-populistische Berichterstattung wär´s endlich an der Zeit, eine Weltmeisterschaft nicht nur und nicht mehr an ein paar wenigen, über den Tellerrand bekannte bis berühmte Namen festzumachen, sondern reale Leistungen, mitunter fast irreale Resultaten und echte Gegebenheiten zu klassifizieren. Ich weiß zwar nicht und kann nicht beurteilen, inwieweit das Ronaldo-Dementi eines galaktischen Transfers zu einem Saudi-Verein stimmt – da er selbst aber die Nachricht als Fake News tituliert hatte, habe ich mich schon gewundert, wie gründlich der alemannische ORF-Kommentator die angebliche 200-Millionen-Jahresgage in Euro (oder doch Dollar?) im Blitztempo in Monats-, Wochen-, Tages- und Stundensalär umgerechnet hat. Mit dem Taschenrechner im Computer oder gar als begnadeter Kopfrechner, wer weiß? Sollte Ronaldo allerdings – dazu sei gesagt, dass ihm Manchester United nicht gut genug war, weil er lieber Champions League gespielt hätte – den Saudis einen Korb geben, dann wär´ auch die schönste Hochrechnung vergebliche Liebesmüh und damit, wie man einst sagte, für den Hugo gewesen. 

So großartige bis geniale Kicker die Messis, Ronaldos, Neymars auch immer waren oder oft immer noch sind, so nagt auch immer öfter der Zahn der Zeit an ihnen. Und es wäre auch höchste Eisenbahn, sich nicht gerade verzweifelt an sie zu klammern, weil sich mittlerweile ja schon neue Supertalente in den Vordergrund gespielt haben. Und da meine ich nicht nur einen Kylian Mbappe, sondern unter anderen Rohdiamanten etwa auch einen Bellingham, einen Foden und nicht zuletzt diesen Ramos der Portugiesen, der statt Ronaldo kam, sah und mit einem Triplepack in seinem erst zweiten Länderspiel signalisierte: Fußballfans daheim und in aller Welt, jetzt beginnt eine neue Ära mit neuen Kapiteln und neuen Namen, die zu Begriffen werden.

Vielleicht so wie anno 1958, als die Brasilianer nach der WM-Vorrunde in Schweden statt eines gewissen Mazzola, in Italien (AC Milan) dann Altafini, den 17jährigen Wunderknaben Pele ins Spiel brachten. Jenen vielleicht größten Fußballstar aller Zeiten, den Fußballkönig, der dreimal Weltmeister wurde seinem Heimatklub Santos trotz Millionenverlockungen fast 20 Jahre lang treu geblieben war, ehe er die Karriere bei den Cosmos in New York (1974-1977) ausklingen ließ. Jenen Pele, der trotz seines Weltruhms ein Megastar zum Anfassen blieb, ein Synonym für Sympathie und Herz am rechten Fleck. Jetzt drückt nicht nur Brasilien, sondern die ganze Welt die Daumen, dass es noch länger schlägt!

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