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Guardiola und Manchester City: Vom Finaltraum zum finalen Alptraum

Ja, wer hätte das in vorletzter Minute gedacht, als der eingewechselte 100-Mille-Star Grealish gerade das 2:0 um einen Hauch und Courtois-Fingerspitzen verpasst hatte. Endlich, so mag Pep Guardiola schon innerlich gejubelt haben, ist der City-Champions-League-Fluch verjagt, schon holte er ihn nicht nur ein, er muss ihn zur Weißglut getrieben haben! Pep hin, Wundertrainer her – auch ein Guardiola muss damit leben, dass er den Schaden, auch den Spott samt Kritik am Hals hat.

Die sonst eher mit Vorschlaghammer tätige „Sun“, der härteste aller Brutalo-Boulevards in England, hat dem Katalanen ganz gegen die sonstige Gepflogenheit eine subtile, hinterfotzige Breitseite nach dem bitteren Ende statt süßen Finales vor den Latz geknallt, die so lautet: Pep Guardiola hat in seinen sechs Jahren als Trainer von Manchester City einige außergewöhnliche Wege gefunden, wichtige Champions-League-Spiele zu verlieren. Aber keines davon machte den ehemaligen Barcelona-Boss auch nur annähernd so verrückt wie dieses. Und „Daily Mail“ legte gleich nach: Man City zerstört sich selbst in Madrid. Die Madrider Medien hingegen haben in ihrem überquellenden Fußballstolz angesichts der sich dramatisch-dramaturgisch übersteigernden, sensationellen Wende vom 0:1 zum 3:1 für Real gar von der „größten Heldengeschichte, die je erzählt wurde“, geschrieben.

Eben diese aktuelle hab´ ich vor dem TV-Schirm erlebt, möchte aber darauf hinweisen, dass es 1999 nicht im Halbfinale, sondern beim Endspiel im Camp Nou von Barcelona eine Parallele gegeben hat – eine, bei der ich vor Ort war, ohne sie gesehen zu haben. Damals schien es schon so, als hätten die Bayern erstmals seit Beckenbauer-Zeiten wieder die Königsklasse gewonnen, sie führten nach 89 Minuten mit 1:0 gegen Manchester United und mit meiner Wenigkeit hinter dessen breiten Rücken machte sich auch der damalige Uefa-Boss Lennart Johansson von einer Fernseh-Loge im 5. Stock rasch auf zum Lift, um die Siegerehrung für die Münchner vorzunehmen. Der Aufzug ließ auf sich warten, ehe wir unten ankamen, hörten wir schon die englischen Schlachtgesänge – und trauten unseren Augen nicht, als wir auf die Videowall blickten. Nicht mehr 1:0 Bayern, sondern 2:1 Manchester.

Wie die TV-Wiederholungen auch noch am Tag danach zeigten, so war das Ausgleichstor quasi der Lucky Punch gewesen, der den vermeintlichen Siegern mit dem Fußballverstand auch den sicher geglaubten Meisterpokal geraubt hatte. Und dieses Mal war´s nicht anders, was Manchester City betraf, wo binnen Sekunden alles aus den Fugen geriet, die Selbstsicherheit bei der Guardiola-Truppe fataler Konfusität bis Auflösung wich, während bei Real-Madrid wie im Handumdrehen ein vordem kaum gesehener „Pep“ die Mannschaft beflügelte. Als es in die Verlängerung ging, hätte nicht nur ich, sondern hätten viel größere Experten wetten können, dass es um Manchester City geschehen war. Am falschen Fuß und noch zur schlechtesten Zeit am empfindlichsten Punkt erwischt, nicht mit einem, sondern zwei Schlägen in Folge – ja, mehr als blöd gelaufen, ganz so, als hätte der City-Fluch mit langer Hand zugepackt.

Was hätte da auch der mehrfache Meistermacher Guardiola machen können/sollen? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht, weiß aber, dass der offenbar (doch) noch schlauere Trainerfuchs Carlo Ancelotti mit Modric und Kroos just zwei seiner Toplegionäre zeitgerecht durch frischeres Blut ersetzte – und damit ein goldenes Händchen bewies, während der verzweifelte Pep wie immer seit Barcelona-Tagen mit leeren Champions-League-Händen dasteht. Er mag noch so vieles richtig machen und auch möglichst gut einkaufen, aber irgendwann ist irgendwo dann doch immer irgendetwas falsch gewesen. Bei Bayern wie bei Manchester City. Aber auch gerade verlängerte, intakte Verträge sind, das können sie mir glauben, nicht immer sakrosankt. Auf der anderen Seite darf David Alaba über einen weiteren Meilenstein in seiner Erfolgsstory jubeln – diesmal sogar, ohne mitgespielt zu haben. Vieles, aber nicht alles hat zwei Seiten,

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