Über der Latte muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. In Abwandlung des Reinhard-May-Hits von ehedem muss es sich um das Leitmotiv von Stabhochspringer Armand Duplantis handeln, den Himmelstürmer aus Pennsylvania, der als Tribut an die Tre-Kronor-Mama für Schweden startet. Wie einst sein großes Vorbild Sergej Bubka schwingt sich der drahtige Armand in einer speziellen Form von Zentimeter-Salami-Taktik von einem atemberaubenden Weltrekord zum nächsten. Aber nicht nur irgendwo und irgendwann, wenn es keinen besonderen Druck gibt, sondern bei den wichtigsten Wettkämpfen wie jetzt am Finaltag der Hallen-Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Belgrad. Wie einst Bubka, so springt Duplantis in seiner eigenen Liga, um einen – notabene mit hohen Prämien versehenen – Meilenstein nach dem anderen zu setzen. Hatte er vor kurzem (auch in Belgrad) den Weltrekord auf 6,19m geschraubt, so hat er jetzt die Messlatte auf exakt 6,20m gelegt, eine Höhe, die man in der Prä-Duplantis-Ära noch für fast utopisch gehalten hatte. Aber der schwedische Ami oder amerikanische Schwede hat alle Prognosen mit seinen spektakulären Höhenflügen als Vorurteile widerlegt.
Und wie schaut´s vergleichsweise bei uns in Österreich aus, wo der Stabhochsprung an sich eine gute bis große Vergangenheit gehabt hat? Der Tiroler Riccardo Klotz, mit 22 so alt oder besser jung wie Duplantis, wurde kürzlich Hallenmeister mit für ihn guten 5,30m, also schlichte 90 Zentimeter oder knapper Meter weniger. Hier soll aber keineswegs der talentierte Riccardo abgewertet werden, der vorerst (noch) nicht klotzen kann, sondern (derzeit) nur kleckern muss. Wenn unsereins aber bedenkt und in Erinnerung ruft, dass wir hierzulande vor drei Jahrzehnten, also in der Bubka-Glanzzeit, einen gewissen Hermann Fehringer hatten, der zwei EM-Bronzemedaillen gewann, Fünfter der Hallen-WM wurde, Platz 7 bei der Freiluft-WM belegte und den Ö-Rekord von 5,40 bis 5,77m schraubte, wo er seit damals unangetastet in den Annalen thront.
Ja, was hat der Verband daraus gemacht? Wo sind die kleinen Fehringer-Epigonen geblieben, die es ihrem Vorbild artistisch nachgemacht hätten? Es ist, wie fast immer bei uns in Österreich und bei den meisten österreichischen Sportverbänden, dass dabei wenig bis nichts geschieht, da muss man nur schauen, wo sich fast überall nach Gold und anderen Medaillen von Ikonen ihres Sports gähnende Leere öffnete. Ob beim Eiskunstlauf nach Danzer, Schwarz, Schuba, Kristofics-Binder. Ob nach Seisenbacher die längste Zeit im Judo. Ob nach Muster und auch Thiem im Tennis, erst recht beim Damen-Tennis. Ob beim Tischtennis, wo man fast verzweifelt nach Nachfolgern von Schlager, Jindrak, Gardos, Habesohn und auch Liu Jia sucht. sucht. Man könnte die Liste beliebig fortsetzen.
Vor lauter Überschwang, die oder den einen Topsortler von Format zu haben, wird fast alles in die personelle „Beletage“ gebuttert, während der Nachwuchs schubladisiert wird. Wenn sich an diesem Ciirculus Vitiosus, dem fehlerhaften Kreislauf, nichts ändert, wird der österreichische Spitzensport mit wenigen Ausnahmen a la Weißhaidinger, Dadic, Preiner-Mayr, Schwimmer Auböck, Rad-Sensation Kiesenhofer und einigen anderen weiter dahindümpeln. Und die Schere eher aufgehen statt geschlossen werden. Das hat Gesetz und ist kein Nörgeln.