Es hat seine Zeit gedauert, Geld und Geduld gekostet, inzwischen aber haben die roten Bullen die Herzen der heimischen, aber auch der regionalen und lokalen Fußballfans so erobert wie vor fast 30 Jahren die Salzburger Austria unter der Regie von Rudi Quehenberger und Otto Baric. War der vom Oberbullen Didi übernommene und von Dosen-Philosophie bis Bullen-Dressen geprägte Exmeister und Ex-Uefa-Cup-Finalist jahrelang mit dem Stigma einer Werksmannschaft behaftet und teilweise auch abgelehnt worden, so hat sich das mit dem langsam vollzogenen Wandel zu einer mehrheitlich blutjungen, dynamischen, sensationslüsternen Multikulti-Truppe geändert.
Es sind der jugendliche Sturm und Drang, aber auch das spielerische Potenzial, in dem große Kämpferherzen schlagen, die schlussendlich auch die Salzburg-Zweifler immer mehr überzeugt, mitgerissen und begeistert hat. Und es ist auch die Kunst der wie ihre Spieler immer jüngeren Serienmeister-Trainer, die durch Millionen-Verkäufe von Jungstars entstandenen Lücken durch immer neue, noch jüngere Starlets im Eiltempo zu schließen. Weil´s Jahr für Jahr mit wachsendem Haben-Konto immer besser gelingt, sind solch tolle, geradezu magische Fußball-Abende in der Champions League wie jetzt gegen den italienischen Meister AC Milan inzwischen fast schon Tradition geworden – nicht mehr vor halbleeren Rängen, sondern in einer mit 30.000 Fans gefüllten modernen Bullen-Arena.
Es war nicht nur für mich als TV-Zuschauer ausgeschlossen, von diesem 1:1 gegen die Millionentruppe aus Mailand nicht fasziniert gewesen zu sein, bei dem just der teure Neuzugang Fernando eine sogenannte Tausendprozentige vernebelt hatte, das aber Sekunden vor dem Abpfiff noch die Stange retten musste. Ausgleichende (Un)Gerechtigkeit, so hätte man zu diesem spektakulären Duell mit packenden Szenen sagen können, welches uns die Salzburger mit einem (durch den 36jährigen Ulmer erhöhten) Durchschnittsalter von 23 Jahren da als Live-Erlebnis geliefert haben.
Wie eingangs erwähnt, es hat unter neuem Namen, mit anderen Dressen, anderen Farbtupfen, aber in ähnlich mitreißender Form auch die Erinnerungen an die letzten glorreichen Jahre der Salzburger Austria geweckt. RedBull hin, Dosen her – der Meister verleiht als Überflieger dem heimischen Fußball wieder Flügel. Schade nur, dass ich vor lauter Bullen-Euphorie und Champions-League-Faszination das 10:0 unserer Fußballfrauen in der WM-Qualifikation gegen die Anfängerinnen aus Nordmazedonien verpasst hab´. Ich schäme mich. Mea culpa, mea culpa. Aber das ist wieder ein anderes Thema mit anderer Baustelle!