Fussball

Falsche Mascherln, echte Fakten

Normal gilt ja die journalistische Faustregel, vor der eigenen Tür zu kehren statt vor allem weit jüngere Kollegen kritisch ins Visier zu nehmen. Angesichts dessen aber, dass es immer öfter aus welchen, womöglich gar Sponsoren-Inserenten-Gründen auch immer zu einer Verzerrung bis Verdrehung von Tatsachen kommt, fühle ich mich als aktiver Doyen der Branche bemüßigt, dieses Thema einmal in meinem Blog aufzugreifen.

Bei allem Respekt vor und für David Alaba und seinen mittlerweile als Innenverteidiger wieder stabil-konstanten Leistungen beim FC Bayern, bei allem Respekt, dass er im Endspiel gegen Paris Saint Germain die Chance hatte, zum zweiten Mal nach Meisterschaft und Cup auch die Champions League zu gewinnen – er war anno 2013 nicht der erste Österreicher, der die wichtigste europäische Trophäe in den Händen hielt.

Dabei sei erinnert , dass eben dieses Kunststück vor 50 Jahren schon einem gewissen Spielmacher namens Franz Hasil unter Trainer Happel bei Feyenoord Rotterdam gelungen war im Meistercup, an dem damals allerdings nur Landesmeister und nicht auch Zweite, Dritte oder gar Vierte hatten mitspielen dürfen! Und so gut und wertvoll David Alaba auch sein mag, er personifiziert ganz sicher nicht im Solo den Erfolg des FC Bayern München, den es als Meister und Meistercup-Sieger bei allem Österreich-Stolz schon vor ihm gegeben hat – und ganz sicher auch nach ihm geben wird.

Und ein wenig spiegelverkehrt läuft zum Beispiel die Berichterstattung über den Basketball-Riesen Jakob Pöltl, der vor einigen Jahren in der Tat als erster Österreicher (und von Kindesbeinen an im gleichen Hause wie ich wohnende Person) den Sprung via NCAA und Draft in die NBA geschafft hat. Damals zu den Toronto Raptors, bei denen er sich erste Spielpraxis in der besten Liga der Welt holte. Inzwischen hat Pöltl mit dem früheren Champion San Antonio Spurs das Play-off-Finale verpasst. Inzwischen ist er ein Free Agent mit einem Preispickerl, bei dem man nicht weiß, ob der alte oder aber ein neuer Brötchengeber zugreift.

Bei allem Respekt vor dem nicht nur körperlich größten Spieler Österreichs, der wie kein anderer rotweißrote Basketball-Geschichte geschrieben hat – der Mann der „Bubble-Stunden“ in Orlando hieß trotz guter Vorstellungen nicht Jakob Pöltl, sondern heißt Luka Doncic, ist erst 21 und nur 2,01m groß, kommt aus Laibach in Slowenien, spielt mit Dallas als Nowicki-Nachfolger seine erste NB-Saison und liefert dabei eine Schlagzeile nach der anderen. Auch mit (Sturz-)Verletzungen.

Und wenn wir zum Beachvolleyball kommen, dann gewinnt man medial und werblich immer noch den Eindruck, als wären Clemens Doppler und Alexander Horst, die bejubelten Vizeweltmeister von Wien, das absolute Nonplusultra dieser Szene. Dieser Eindruck wird vor allem darum vermittelt, dass sie als Testimonial ihres Sponsors (A1) weiterhin im Fernsehen auftrumpfen, während sie spielerisch aus Verletzungs-, Krankheits- und vielleicht auch langsam aus Altergründen zuletzt kaum hielten, was mediale Schlagzeilen noch immer von ihnen versprechen.

Nichtsdestotrotz laufen fast alle Beach-Aktionen gerade darum weiter über ihren Bekanntheitsgrad und Popularität-(Markt-)Wert, während sie sportlich längst im Schatten von Robin Seidl aus Velden und Philipp Waller aus Graz stehen, den Staatsmeistern 2019 ebenso wie der Turnierserie im heurigen Corona-Sommer. Und so, als hätte es eines Beweises bedurft, griffen Seidl-Waller beim ersten großen Turnier seit langem in Baden nach ihrem zweiten World-Tour-Titel. Und das sollte Beweis mehr sein, dass es an der Zeit wäre, sich auch medial an neuen Tatsachen wie Parametern zu orientieren statt sich mit altbekannten Gesichtern und überkommenden Mascherln im Kreis zu drehen. Mit halben Wahrheiten noch dazu von gestern landen alle Beteiligten irgendwann in der Sackgasse.

Zum Kommentieren hier klicken

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Meist gelesen

To Top

Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen ein angenehmeres Surfen zu ermöglichen