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In Abfahrt regiert Langlebigkeit samt Motto: Alter schützt vor Klasse nicht

Es ist ein interessantes Thema, das aus welch Gründen auch immer medial geschnitten, aber nicht oder selten angeschnitten wird. Zwei alte Ski-Hasen debattierten am Rande des Kitz-Klassikers über eine Entwicklung, die höchst bemerkenswert ist. Zum einen Ken Read, einer der Crazy Canucks, der am 12. Jänner 1980 auch auf der „Streif“ triumphiert hatte. Zum anderen Peter Obernauer, jahrelang Rennchef des Abfahrtsklassikers. Beide kamen aus dem Staunen kaum heraus, wie sehr sich die Altersgrenze der Abfahrtsläufer hinausgeschoben hat im Laufe der Jahre und wohl auch im Zuge des Materialfortschritts. In der Tat beginnen heute, die eine oder andere Ausnahme abgesehen, die Podest- oder Top-Ten-Karrieren der Abfahrer frühestens in einem Alter von 27 Jahren aufwärts, in dem wieder mit einigen Ausnahmen viele der Größen von vorgestern längst die Rennskier in die Ecke gestellt haben.

Peter Obernauer (links), der langjährige Rennleiter, und Ken Read, der 1980 ein siegreiches Streiflicht gesetzt hat.

„Ich hab´“, erinnerte sich Ken Read, stolzer Vater von den Skisöhnen Jeffrey (Speed) und Erik (Technik), „ich hab´ schon mit 27 aufg´hört. Der Klammer Franz war lang dabei, aber beim Rücktritt war er erst 32 …“ Ganz zu schweigen von alten Zeiten, als ein Triple-Olympiasieger und 7facher Weltmeister wie Toni Sailer als 22jähriger das Handtuch warf, um Bühnen-, Film- und Schlager-Karriere zu machen. Oder später ein Jean Claude Killy, der keine 25 war, als er nach den drei Goldenen von Grenoble den Weltcup verließ, um offiziell im Profizirkus dem Geld nachzujagen, das vordem nur unterm Tisch und unter der Hand zu kassieren gewesen war …

Andere Zeiten, andere Sitten – und andere Vorzeichen, wann Abfahrern die Stunde schlägt. Natürlich gab´s im zweiten, verschneiten Kitz-Training nur einen „Sprint“ von der „Alten Schneise“, also etwas mehr als eine gute Minute, dennoch war das Ergebnis so etwas wie eine Bestätigung der These, dass Routine und Reife mehr wiegen als jugendlicher Drang und Sturm. Mit dem Südtiroler Christof Innerhofer aus Bruneck fuhr ein 37jähriger die Bestzeit vor dem 41jährigen Abfahrts-Methusalem Johan Clarey aus Frankreich, der im Vorjahr seinen 40er (8. Jänner) mit Platz zwei in Kitzbühel als ältester Podest-Läufer der Weltcupgeschichte zelebriert hatte.

Ja, Alter beginnt für Abfahrtstalente immer weniger vor Klasse-(Resultate) zu schützen, da muss man nur in der rotweißroten Mannschaft der Downhill-Spezialisten nachblättern. Mit Ausnahme des (Wiener) Lufthansa-Piloten-Sohnes Stefan Babinsky (knapp 26), im  Vorjahr Super-G-Siebenter, gibt´s keinen heimischen Läufer,  der nicht an der Schwelle oder jenseits der 30 ist wie Kriechmayr (31), Mayer (32), Franz (33), Striedinger (30), Hemetsberger (30), Danklmaier (30). Wie gesagt, die Grenzen haben sich auch deshalb verschoben, weil die Skirennläufer immer langlebiger werden – und weil man halt auch viel länger braucht, um jene (Oberschenkel)-Muskelmasse aufzubauen, die nötig ist, um das weit aggressivere (Ski)-Material kontrollieren und steuern zu können. Oder andersrum gesagt: Auch und vor allem bei Speed-Rennen regiert das Motto: Gut Ding braucht Weile. Und genau darum schützt Alter nicht vor Klasse. Hätte Ken Read geahnt, was kommt, wäre er wohl zehn Jahre länger gefahren …

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