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Nur kein Schnellschuss oder: Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte

Ja, Franco Foda hat vor dem Schlüssel- oder Schicksalsspiel gegen die Schotten keinen Gedanken an eine Niederlage verschwendet, weil er vom Pflichtsieg überzeugt war. Aber erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Und Irren kann manchmal, da musste man nur die Pfeifkonzerte der knapp 20.000 im Prater hören, (un)-menschlich sein, auch wenn er sie nicht wahrgenommen haben  will. Der Blamage von Haifa (2:5) gegen die von den Dänen (5:0) entzauberten Israeli folgte nun der Offenbarungseid mit dem tor- und so gut wie chancenlosen 0:1 gegen die biederen Schotten. Läuten noch immer keine Alarmglocken, obschon sich die auch medial überschätzte Mannschaft mit vielen teils ebenso überschätzten Legionären in einer spielerischen, körperlichen wie mentalen Abwärtsspirale befindet, die sich dreht und dreht und dreht?

Aber was höre ich von allen möglichen Analytikern, Experten und allzeit Getreuen bis zum scheidenden ÖFB-Präsidenten, der ja Foda engagiert hat, fast wie in tibetanischen Gebetsmühlen: Bitte nur ja keine Schnellschüsse. Oder andersrum: Warten auf Godot, also Trendwende von oben. Kurz gesagt: Weiterwursteln ist angesagt statt des Schlussstrichs, der einen Neuanfang markieren könnte. Und auch das ewige Geschwätz von der angeblich so sagenhaften Euro 2021, die wir allerdings nur teilweise mitreißend und letztlich ohne Happy End, das wir uns nur selbst als Sieger der Herzen eingeredet haben – mit dem Aus im Achtel- und nicht im Finale abgeschlossen haben. Die Realität hat uns schneller eingeholt, als sich das irgendwer irgendwie irgendwann auch nur ansatzweise gewünscht hätte. Zwischen Realitätsbewusstsein und Nestbeschmutzen besteht aber ein himmelhoher Unterschied. Verwechseln ist so gefährlich wie Hände in den Schoß legen, wenn das Handeln gefragt ist. Alles andere ist nicht nachvollziehbar…

Wie immer man zu Foda als Teamchef steht, wie er die Mannschaft ein- und aufgestellt hat, ist – um mit seinen Lieblingsworten zu schreiben – tatsächlich schwer nachvollziehbar. Die taktische Ausrichtung und die personelle Zusammensetzung passten gegen Schottland so zusammen wie die Faust aufs Aug´, daran änderte doch der hohe Ballbesitz der Österreicher nichts, wenn ich erstens keine kreativen Spieler habe, geschweige denn verkannte Genies in der Elf am Feld, die mit Geistesblitzen die schottische Mauer einreißen hätten können. Alaba, Real Madrid, Millionen und Lob- und Lobbyhymnen hin oder her – der Kapitän war und ist kein Spielführer oder gar Spielmacher, der mit einer Überraschungsvariante wahre Wunder bewirkt. Und der begnadete Techniker Arnautovic ist keine scharfe Munition, sondern in körperlicher Drittklassigkeit nur eine stumpfe Waffe.

Und wenn´s um die Abwehr geht, dann sei auch dem vordem so hochgelobten, seit kurzem aber schwächelnden Martin Hinteregger ins Stammbuch geschrieben, dass seine Halbzeitdebatte mit dem Referee über den diskutablen Penalty für Schottland mehr als kontraproduktiv gewesen sein könnte. Mag nämlich durchaus sein, dass er sich beim eindeutigen Elferfoul an Hinteregger vor (oder bei) Alaba-Eckball nach der Pause daran erinnert hat, dass der Frankfurt-Legionär ja mit Gelb-Rot eigentlich schon unter der Dusche hätte stehen müssen. Und solcher Hoppala gab´s ja derer mehrere, man denke nur an Bachmanns Slapstick-Action, als er die Rasenziegel malträtierte statt dem Ball…

Ja, es war ein Tiefpunkt, der selbst die sonst so selbstbewussten, mitunter schon selbstgefälligen Teamspieler in Ratlosigkeit zurückließ. Und wenn der Teamchef danach meinte, man hätte ja beim guten Beginn versucht, die Schotten über die Flügel zu stürmen, dann kann ich in langjähriger Erfahrung darauf nur sagen: Hohe Flanken in den Strafraum, welch ein Fressen für britische Verteidiger, vor allem, wenn Nicht-Kopfballspieler wie „Arnie“ in der Mitte warten. Und wie schon in Israel, so kam auch diesmal der Barcelona-Teenager Demir, vorerst immer noch ein Teenager-Talent und keine Leitfigur, ins Spiel, als spielerische Akzente längst Verzweiflungsaktionen gewichen waren. Hat gerade noch gefehlt, dass wie einst bei Euro 2016 der Allerwelt-Alaba auch Mittelstürmer gespielt hätte.

Wo, bitte vielmals, war der alternative Plan B, der eventuell geholfen hätte, wenigstens Chancen zu erarbeiten und damit das Match noch zu drehen?  Am Ende klappte alles zusammen wie ein papierenes Kartenhaus. Ja, leider sind die „Euro-Helden“ zu Papiertigern geschrumpft. Und Franco Foda, der nach dem Achtelfinal-Aus noch den (laut)-starken Mann gespielt hat, zu einem „Teamcheferl“ mit Ablaufdatum. Sie kennen ja das geflügelte Wort, das da lautet: Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte…

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